Das Märchen von den „Erneuerbaren Energien“

31.07.23 | Aktuelle Themen

von Roland Vossebrecker

Technologieoffenheit ist ein Synonym für „nach mir die Sintflut“…

Umweltaktivist Tino Pfaff

Ob E-Fuels, Kernfusion, CCS (Carbon Capture and Storage) oder die abenteuerlichen Vorstellungen von Geo-Engineering, der Begriff der „Technologieoffenheit“ steht in der Klimadebatte für die gefährliche Hoffnung, dass irgendeine wie auch immer geartete Technologie der Zukunft das Klimaproblem schon lösen wird, ohne dass wir uns heute darüber hinaus anstrengen müssten.

Ohne hier im Einzelnen auf diese Techniken eingehen zu wollen, ihnen ist gemeinsam, dass sie zurzeit nicht in nennenswertem Maßstab zur Verfügung stehen. Auf sie zu setzen, bedeutet also zwangsläufig, die Dringlichkeit der Klimakrise zu verkennen, zu verdrängen oder gar zu leugnen. Das Zeitfenster schließt sich, das CO2-Restbudget für die 1,5° Grad wird immer kleiner, erste Kipppunkte werden in Kürze erreicht, oder sind z. T. bereits überschritten.

Es gibt aber eine weitere Form der gefährlichen „Technologieoffenheit“, die auch in Grüner Politik und in weiten Teilen der Klimabewegung verbreitet ist: Das grenzenlose Vertrauen in die „Erneuerbaren Energien“, das Märchen von der Rettung der Welt durch Sonne und Wind.

„Worin wir unsre Zukunft sehn: Erneuerbare Energie“

Demo-Spruch

Um gleich an dieser Stelle Missverständnissen vorzubeugen:
Jedes Windrad und jede PVA (Photovoltaikanlage), die die Nutzung fossiler Energiequellen ersetzt, ist ein richtiger und wichtiger Schritt für den Klimaschutz. Außerdem hat das Vertrauen in die Erneuerbaren (Sonne, Wind etc.) zu den oben genannten Technologien den unschätzbaren Vorteil, dass sie bereits existieren, dass sie immer billiger werden und sich ihr Marktanteil stetig vergrößert.

Dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas überfällig ist und dass dieser Ausstieg einen Riesenschritt in Richtung Klimaschutz und Klima-Gerechtigkeit bedeuten würde, will ich nicht in Zweifel ziehen. Deswegen war und ist es richtig, wenn die Klimaprotestbewegung in Lützerath demonstrierte und aktuell in der Lausitz aktiv ist. Die verdammte Kohle muss im Boden bleiben, wenn die Menschheit sich noch eine Chance geben will.

Andererseits wäre es aber schlicht naiv anzunehmen, dass es mit dem umfassenden Ausbau von Wind- und Sonnenenergie getan wäre. Diese Vorstellung halte ich für gefährlich bequem: Eine Technologie soll es richten, ohne dass wir unser Konsum-, unser Mobilitäts-, unser Ernährungs-, unser ganzes gesellschaftliches Wohlstands-Modell in Frage stellen müssten.

Mit der Propagierung der Erneuerbaren als Klimarettung wird uns einmal mehr suggeriert, dass wir im Grunde so weiter machen könnten wie bisher.

Und das ist einfach nicht wahr!

Es sei daran erinnert, dass es nicht „nur“ eine Klimakrise gibt! Parallel haben wir eine Biodiversitätskrise, eine Ressourcenkrise, eine Wasserkrise, eine Plastikmüllkrise, eine Ernährungskrise – und nicht zuletzt eine globale Gerechtigkeitskrise.

Machen wir uns also bitte nichts vor:
Ohne einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel wird es nicht gehen. 

Ein Beispiel unter vielen:

Politisch wird jeder Zuwachs an Elektromobilität und jede neue Ladesäule als Erfolg für den Klimaschutz gefeiert. Und ja, jedes E-Auto ist besser als ein Verbrenner, wenngleich ein über zwei Tonnen schwerer Elektro-SUV (z. B. BMW iX1) geradezu sinnbildlich für den atemberaubenden Schwachsinn unserer Konsumwelt steht: Effizienzgewinne werden auf schnellstem Wege wieder zunichte gemacht, während man seine 2100 Kilo Ressourcenverschwendung durch den täglichen Stau manövriert und sich dabei einredet, man sei „klimaneutral“ unterwegs.

Ehrlich wäre: Nicht das E-Auto, sondern KEIN Auto (oder zumindest so wenig Auto wie möglich) wäre Teil der Lösung. Und dies ließe sich auf alle Bereiche unserer Konsumwelt übertragen.

Ist das nun eine schlechte Nachricht?

Das ist nun eine Frage der Perspektive. Wenn man nur in gewohnten Bahnen denken mag, wenn man sich gar nicht vorstellen kann oder will, dass das Leben auch anders sein könnte, dann will man sich mit solchen „unangenehmen“ Wahrheiten erst gar nicht auseinandersetzen.

Wenn man aber in gesellschaftlicher Veränderung eine Chance begreift, eine Chance für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges, vor allem für ein gerechteres Leben, dann findet man vielleicht den Mut, die nötigen Schritte zu tun.

Also los!

Roland Vossebrecker

4 Kommentare
    • Vielen Dank! Der Simulator ist sehr eindrucksvoll.

      Antworten
  1. Offene Worte, welche gerne zum Nachdenken anregen sollten –
    Das E-Auto rettet nicht die Menschheit, sondern die Autoindustrie (Christoph Siebert) – und das auch nur auf Zeit.
    Erster Schritt könnte sein: 15.09.2023 weltweite Klimademo in allen großen Städten in Deutschland zum Einstimmen – viele Grüße K.W.

    Antworten
    • 15.9. auf jeden Fall !!!

      Wir organisieren die Demo und Kundgebung in Bergisch Gladbach!

      Antworten
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