Spenden – ein Akt der Klimagerechtigkeit
„Wir sind bereits bei 1,2 Grad. Die bedeuten für viele Communities im globalen Süden die Hölle. Überschwemmungen, Dürren, Wirbelstürme, Zyklone, Hungersnöte: Die Konsequenzen sind jetzt schon katastrophal und es wird nur schlimmer werden. Wenn also die Staats- und Regierungschefs oder das Pariser Abkommen von 1,5 Grad sprechen, ist das nichts, worüber wir uns freuen können. Wenn man sich unsere Situation anschaut, wird klar, dass dieses Ziel mit Blick auf den globalen Norden gesetzt wurde.“
Vanessa Nakate, Autorin & Aktivistin, Uganda
in der Zeit
Das schlimmste vorstellbare Szenario, die düsterste Dystopie einer sich verschärfenden Klimakrise wäre für uns die Entsolidarisierung der Welt.
Die reichen Länder ziehen Dämme gegen den ansteigenden Meeresspiegel und Mauern gegen Flüchtlinge hoch.
Der Rest der Welt mag – buchstäblich – absaufen. Ansätze davon sind leider bereits erkennbar.
Wie wird sich die sogenannte „Flüchtlingskrise“, die eigentlich eine massive Krise der Humanität ist, entwickeln, wenn die Klimaentwicklung viele hundert Millionen Menschen zur Flucht zwingt?
Der Westen hat seit der Erfindung der Dampfmaschine eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte erlebt. Durch die Industrialisierung, die atemberaubenden Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie, gemeinsam mit den Erfolgen der Demokratie-, Bürgerrechts-, Arbeiter-, Frauen- und Gewerkschafts-Bewegungen entwickelte sich ein Fortschritt, der es uns heute erlaubt, mehr als jemals zuvor Freiheit und Wohlstand zu genießen.
Jahrzehntelang konnten auch die Länder des globalen Südens von dieser positiven Entwicklung profitieren, wenn auch wesentlich langsamer. Aber immerhin, der Anteil der Menschen, die in extremer Armut lebten, nahm bis vor einigen Jahren maßgeblich und kontinuierlich ab.
Doch unser Wohlstand, unser Reichtum basiert auf der Verbrennung von Kohlenstoff, und durch die Auswirkungen der Klima-Erwärmung hat sich der Trend umgedreht. Kosten und Nutzen der Erderwärmung sind extrem unfair verteilt. Während wir immer noch unseren Reichtum steigern und weiter fossile Brennstoffe verfeuern, nehmen Hunger und extreme Armut im globalen Süden wieder zu.
Dabei ist die Klimakrise die Spitze eines Eisbergs, bei der die (Umwelt-)Kosten unseres Wohlstands externalisiert werden. Plastikmüllexporte nach Malaysia, unser Elektroschrott in Ghana oder die sklavereiähnlichen Bedingungen bei der Herstellung unserer Kleidung in Billiglohnländern wie Bangladesch oder Kambodscha sind nur einige Beispiele dafür.
Bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 haben sich die reichen Staaten verpflichtet, die ärmeren Länder, die am meisten unter der Klimaentwicklung leiden, ab 2020 jährlich mit 100 Milliarden Dollar zu unterstützen.
Dieses Versprechen wurde nicht eingelöst! Im Jahr 2020 gaben die reichen Industrienationen jedoch laut Internationalem Währungsfonds 5,6 Billionen Dollar (!) an Subventionen für fossile Energieträger aus.
Auch weigern sich die reichen Nationen für Schäden und Verluste aufzukommen, die durch den Klimawandel entstehen, aus Furcht vor den juristischen und finanziellen Ansprüchen der Geschädigten.
Es ist beschämend, wie auf staatlicher/politischer Ebene die Verantwortung nicht angenommen wird.
All dies sind gute Gründe für uns,
unseren Reichtum zu teilen.
Wir kritisieren ausdrücklich die extrem unfairen Verwerfungen einer ungerechten Globalisierung, aber wir wissen auch, dass wir als Bürger*innen der reichen Welt Teil des Systems sind, dass also auch wir von diesen Missständen profitieren.
Daher verstehen wir unsere Spenden nicht als Almosen, sondern als ein Stück Klimagerechtigkeit, auch wenn wir wissen, dass das nur ein Tropfen auf einen immer heißer werdenden Stein sein kann.
Wie viel soll ich klimagerecht spenden?
Jede/r nach ihren/seinen Möglichkeiten!
Peter Singer empfiehlt in seinem lesenswerten Buch „Leben retten“, 5% des Einkommens zu spenden, um extreme Armut und Hunger in der Welt zu beenden. Das ist für Menschen mit wenig Geld kaum zu stemmen. Für die meisten mit mittleren und hohen Einkommen kann das aber ein guter Richtwert sein.
Und für viele von uns sollte noch deutlich mehr möglich sein, ohne dass wir auf Wesentliches verzichten müssten!
Wenn man das Konzept der Klimagerechtigkeit verinnerlicht hat, dann fällt das Spenden leicht.
Besonders wenn wir überflüssigen Konsum vermeiden, erweitern wir deutlich unsere Möglichkeiten unseren Reichtum zu teilen – und dann wissen wir, dass unser Geld gut ausgegeben ist.
Probiert es aus!
Viele Hilfsorganisationen haben den Zusammenhang von Klimaentwicklung und Hunger täglich vor Augen und leisten genau auf diesem Gebiet großartige Arbeit. Sie zu unterstützen, ist ein Akt der Klimagerechtigkeit.
Wir brauchen viele Tropfen, um den heißen Stein Erde zu kühlen.