Technologieoffenheit 

von Roland Vossebrecker

ist ein beliebtes Schlagwort konservativer und (neo)liberaler Politiker*innen, das besagen soll, dass irgendeine zukünftige Technologie es mit der Klimakrise schon richten wird, ohne dass wir dafür unser Verhalten, unser Konsum-Modell, unser Wirtschaftssystem überdenken müssten.

Dass Technologieoffenheit aber auch Grenzen hat oder zumindest haben sollte, kann das folgende Gedankenexperiment verdeutlichen:

Stellen wir uns einmal vor, findige Ingenieur*innen entwickeln eine neue Technologie und bringen sie zur Marktreife. Das neue Produkt wird enthusiastisch gefeiert und beworben: Es verspricht relativ großen Komfort und Bequemlichkeit bei vergleichsweise hoher Geschwindigkeit. 

Ehrlicherweise ist das Produkt nicht ganz billig. Die Anschaffungskosten belaufen sich auf 15.000 € bis 60.000 € oder mehr, je nach Anspruch des/der Kund*innen. Außerdem muss mit jährlichen Betriebs- und Wartungskosten von noch einmal durchschnittlich 1.200 bis 5.000 € gerechnet werden. Nicht zu viel, finden die meisten, denn das Produkt steht vor allem für grenzenlose individuelle Freiheit. 

Im Kleingedruckten muss allerdings auf die Nebenwirkungen verwiesen werden. Deutsche Bundesbürger*innen müssen jährlich 330.000 Stunden sinnlos verlorener Wartezeit mit einkalkulieren. Vor allem aber ist mit Kollateralschäden zu rechnen (dies im ganz klein-gedruckten): Es sei zu erwarten, dass die neue Technologie jährlich ca. 2700 Menschen das Leben kosten wird. Dazu kämen weit mehr als 300.000 Verletzte, enorme Kosten für das Gesundheitssystem und eine miserable Klimabilanz.

Würde eine solche Technologie je erfolgreich sein können? Würde sie trotz allem akzeptiert werden? Wohl kaum! Kein*e Politiker*in könnte den Tod von Tausenden Menschen Jahr für Jahr mit Technologieoffenheit rechtfertigen.

Das Pikante daran: 

Diese Technologie gibt es schon und wir haben uns längst an sie gewöhnt. Man nennt sie – Auto.

Roland Vossebrecker

 

 

0 Kommentare
Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neue Blogbeiträge

Hoffnung oder sowas.

Hoffnung oder sowas.

Hoffnung oder sowas. von Tabea SchünemannEine Weile sitze ich nun schon vor einem leeren Blatt, das die Überschrift „Hoffnung“ trägt.Nichts könnte die aktuelle Stimmung in meiner Umgebung besser ausdrücken, als ein leeres Blatt zum Thema Hoffnung. Umso dringlicher...

mehr lesen
Spontaner Aktivismus

Spontaner Aktivismus

Spontaner Aktivismusvon Roland VossebreckerNeulich sah ich beim Frühstück im ZDF-Morgenmagazin die Ankündigung eines Berichtes über die COP 29 in Baku, Aserbaidschan. Und dort fiel ein Satz, der mich spontan zu dieser Mail an das ZDF bewegte: Hallo ZDF, eben fiel im...

mehr lesen