Eins Komma Fünf

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Das „Klimaziel“ in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion

von Roland Vossebrecker

„In seinem neusten Bericht mahnt der der Weltklimarat eindringlich dazu, klimaschädliche Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Geschehe dies nicht, würde das Ziel, das einst im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben wurde, die Erderwärmung durch die Industrialisierung auf 1,5-Grad zu begrenzen, schon Anfang der 2030-er Jahre überschritten. Sofort, so der Weltklimarat, müsse gehandelt werden.

in „Panorama

Wer glaubt noch an 1,5° Grad? Wer glaubt noch daran, dass es der Menschheit gelingen wird, die Erderwärmung auf 1,5° Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen?

„Es ist weiterhin möglich, die 1,5 Grad in Reichweite zu halten, wenn wir in den nächsten sieben Jahren die globalen Emissionen halbieren. Die Menschheit hat das nötige Wissen, die passenden Technologien und auch die finanziellen Mittel.“

Dieses Zitat von Außenministerin Annalena Baerbock steht exemplarisch für die Politik, die in ihrer Kommunikation beharrlich am 1,5°-Ziel festhält.

Nun ist an Baerbocks Äußerung nichts grundlegend falsch. Aber wie realistisch ist es, die globalen Emissionen in sieben Jahren zu halbieren? Sie steigen immer noch, und die stetigen und immer dramatischeren Weckrufe der Wissenschaft, so z. B. der oben zitierte jüngste IPCC-Bericht, verhallen nach wie vor beinahe wirkungslos. Ein globaler Krisengipfel, der diesen Namen auch verdient und die Krise als Menschheitsbedrohung behandelt, ist nicht in Sicht.

So klingen die Bekenntnisse aller demokratischen Parteien zu 1,5° (über die AfD muss man in dem Zusammenhang nicht reden) immer hohler und inhaltsleerer. Es dürfte interessant sein, wie sich die politische Kommunikation in einigen Jahren verändern wird, wenn die 1,5° überschritten sein werden. Ob es über gegenseitige Schuldzuweisungen hinausgehen wird? Ob es ein demütiges Eingeständnis des eigenen Versagens geben wird?

 

Interessanter ist, wie die Diskussion um das 1,5° Grad-Ziel auf wissenschaftlicher Seite verläuft.

Hans Joachim Schellnhuber äußert sich eindeutig:

„Einen Klimawandel, der gravierende Auswirkungen hat, können wir nicht mehr abwenden. Wir werden vermutlich in zehn bis 15 Jahren die 1,5 Grad-Linie globaler Erwärmung überschreiten und dann darüber hinausschießen.“

Mojib Latif sagte bereits im Oktober 2018:

„Die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist praktisch ausgeschlossen.“

Heute findet er mehr „Ehrlichkeit in der Kommunikation“ wünschenswert:

„Das Festhalten an der 1,5-Grad-Marke in der öffentlichen Kommunikation kann zu Unverständnis, Angst und auch Fatalismus führen. Alles Hemmnisse für einen zielführenden Diskurs.“

Vermutlich würden nicht einmal zwei Grad geschafft.

„Nimmt man das, was die Politik weltweit derzeit macht, sind wir eher auf dem Kurs drei Grad.“

Und noch drastischer:

„Wir nähern uns dem Punkt, an dem man sich eingestehen muss: Die Zeit ist abgelaufen.“

 

Die Klimaforscher Johan Rockström und Carl-Friedrich Schleußner vertreten ein andere Position. Sie halten es für eine fatale Fehleinschätzung, das 1,5°-Ziel für tot zu erklären: „Denn 1,5 Grad sind nicht nur ein politisches Ziel. Sondern sie sind das planetare Limit.“

Sie weisen darauf hin, dass 1,5 Grad eine kritische Schwelle für die Stabilität mancher Klimakippelemente sind:

„Nur wenn wir mittelfristig die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad begrenzen, können wir das Risiko für das Überschreiten von Kipppunkten dieser kritischen Systeme noch minimieren. Und eine fatale Kaskade von Kippelementen, die sich gegenseitig verstärken, verhindern. Alles, was über ein geringfügiges und zeitlich begrenztes Überschreiten von 1,5 Grad Celsius hinausgeht, erhöht diese Risiken deutlich.“

Ihnen geht es vor allem um die Frage, welche Folgen eine Abkehr vom Pariser Ziel politisch und psychologisch haben würde

„Nun gibt es einige, auch aus dem Kreis der Klimaforschenden, die 1,5 Grad vorzeitig für tot erklären, vielleicht auch in der Hoffnung, dass dies als Weckruf zu mehr Klimaschutz führen würde. Das überzeugt nicht. Aus unserer Sicht wird ein Fallenlassen der 1,5-Grad-Grenze nicht zu mehr Klimaschutz führen. Vielmehr würden Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen dann zwei Grad als Zielmarke ausrufen. Und in der Folge würden auch die Reduktions- und „Netto null“-Emissionsziele aufgeweicht werden.“

Ein spannende Debatte! 

Wie lässt sich eine realistische Einschätzung der Lage, die leider ziemlich pessimistisch ausfallen muss, mit ausreichend viel Hoffnung begegnen, um handlungsfähig zu bleiben, um den Kampf gegen jedes Zehntel, jedes Hundertstel Grad Erderwärmung weiterzuführen?

Klar ist: Das Überschreiten der 1,5° bedeutet noch nicht das Ende. Bei 1,5° geht die Welt nicht unter und es wäre unsinnig, an diesem Punkt aufzugeben, denn 1,9° ist besser als 2°. Und auch 2,45° ist besser als 2,5°. Jedes Zehntel Grad erhöht die Wahrscheinlichkeit irreversibler Kipppunkte. Jedes bisschen mehr Erderhitzung bedeutet ein Mehr an Leid, Elend und Tod. 

 

Beim globalen Klimastreik am 3. März wurde ich von einer Journalistin gefragt, ob ich denn eigentlich noch optimistisch sei. Zuerst wusste ich nicht recht, was ich darauf antworten sollte. Nein, ich blicke nicht sehr optimistisch in die Zukunft. Meine eigentlich grundoptimistische Haltung ist mir in den letzten Jahren leider gründlich vergangen. Aber dann fand ich doch noch eine Antwort:

Der Kampf für KlimaGerechtigkeit lohnt sich auch, wenn wir ihn verlieren.

Roland Vossebrecker

 

„Doch dem Pessimismus des Verstandes sollte (…) immer der Optimismus unseres Willens gegenüberstehen: der Optimismus, eine gerechte und für zukünftige Generationen lebenswerte Welt zu schaffen. Optimismus, genauso wie Hoffnung, ist dabei nicht die Überzeugung, dass etwas unter allen Umständen gut ausgeht. Es bedeutet viel mehr, sich die Haltung und letztlich die Gewissheit zu eigen zu machen, dass solidarisches Handeln Sinn macht, egal wie die Dinge am Ende ausgehen.“

(Alexander Behr, aus Globale Solidarität, S. 14 oekom verlag, 2022)

Das Märchen von den „Erneuerbaren Energien“

Das Märchen von den „Erneuerbaren Energien“

Das Märchen von den „Erneuerbaren Energien“

von Roland Vossebrecker

Technologieoffenheit ist ein Synonym für „nach mir die Sintflut“…

Umweltaktivist Tino Pfaff

Ob E-Fuels, Kernfusion, CCS (Carbon Capture and Storage) oder die abenteuerlichen Vorstellungen von Geo-Engineering, der Begriff der „Technologieoffenheit“ steht in der Klimadebatte für die gefährliche Hoffnung, dass irgendeine wie auch immer geartete Technologie der Zukunft das Klimaproblem schon lösen wird, ohne dass wir uns heute darüber hinaus anstrengen müssten.

Ohne hier im Einzelnen auf diese Techniken eingehen zu wollen, ihnen ist gemeinsam, dass sie zurzeit nicht in nennenswertem Maßstab zur Verfügung stehen. Auf sie zu setzen, bedeutet also zwangsläufig, die Dringlichkeit der Klimakrise zu verkennen, zu verdrängen oder gar zu leugnen. Das Zeitfenster schließt sich, das CO2-Restbudget für die 1,5° Grad wird immer kleiner, erste Kipppunkte werden in Kürze erreicht, oder sind z. T. bereits überschritten.

Es gibt aber eine weitere Form der gefährlichen „Technologieoffenheit“, die auch in Grüner Politik und in weiten Teilen der Klimabewegung verbreitet ist: Das grenzenlose Vertrauen in die „Erneuerbaren Energien“, das Märchen von der Rettung der Welt durch Sonne und Wind.

„Worin wir unsre Zukunft sehn: Erneuerbare Energie“

Demo-Spruch

Um gleich an dieser Stelle Missverständnissen vorzubeugen:
Jedes Windrad und jede PVA (Photovoltaikanlage), die die Nutzung fossiler Energiequellen ersetzt, ist ein richtiger und wichtiger Schritt für den Klimaschutz. Außerdem hat das Vertrauen in die Erneuerbaren (Sonne, Wind etc.) zu den oben genannten Technologien den unschätzbaren Vorteil, dass sie bereits existieren, dass sie immer billiger werden und sich ihr Marktanteil stetig vergrößert.

Dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas überfällig ist und dass dieser Ausstieg einen Riesenschritt in Richtung Klimaschutz und Klima-Gerechtigkeit bedeuten würde, will ich nicht in Zweifel ziehen. Deswegen war und ist es richtig, wenn die Klimaprotestbewegung in Lützerath demonstrierte und aktuell in der Lausitz aktiv ist. Die verdammte Kohle muss im Boden bleiben, wenn die Menschheit sich noch eine Chance geben will.

Andererseits wäre es aber schlicht naiv anzunehmen, dass es mit dem umfassenden Ausbau von Wind- und Sonnenenergie getan wäre. Diese Vorstellung halte ich für gefährlich bequem: Eine Technologie soll es richten, ohne dass wir unser Konsum-, unser Mobilitäts-, unser Ernährungs-, unser ganzes gesellschaftliches Wohlstands-Modell in Frage stellen müssten.

Mit der Propagierung der Erneuerbaren als Klimarettung wird uns einmal mehr suggeriert, dass wir im Grunde so weiter machen könnten wie bisher.

Und das ist einfach nicht wahr!

Es sei daran erinnert, dass es nicht „nur“ eine Klimakrise gibt! Parallel haben wir eine Biodiversitätskrise, eine Ressourcenkrise, eine Wasserkrise, eine Plastikmüllkrise, eine Ernährungskrise – und nicht zuletzt eine globale Gerechtigkeitskrise.

Machen wir uns also bitte nichts vor:
Ohne einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel wird es nicht gehen. 

Ein Beispiel unter vielen:

Politisch wird jeder Zuwachs an Elektromobilität und jede neue Ladesäule als Erfolg für den Klimaschutz gefeiert. Und ja, jedes E-Auto ist besser als ein Verbrenner, wenngleich ein über zwei Tonnen schwerer Elektro-SUV (z. B. BMW iX1) geradezu sinnbildlich für den atemberaubenden Schwachsinn unserer Konsumwelt steht: Effizienzgewinne werden auf schnellstem Wege wieder zunichte gemacht, während man seine 2100 Kilo Ressourcenverschwendung durch den täglichen Stau manövriert und sich dabei einredet, man sei „klimaneutral“ unterwegs.

Ehrlich wäre: Nicht das E-Auto, sondern KEIN Auto (oder zumindest so wenig Auto wie möglich) wäre Teil der Lösung. Und dies ließe sich auf alle Bereiche unserer Konsumwelt übertragen.

Ist das nun eine schlechte Nachricht?

Das ist nun eine Frage der Perspektive. Wenn man nur in gewohnten Bahnen denken mag, wenn man sich gar nicht vorstellen kann oder will, dass das Leben auch anders sein könnte, dann will man sich mit solchen „unangenehmen“ Wahrheiten erst gar nicht auseinandersetzen.

Wenn man aber in gesellschaftlicher Veränderung eine Chance begreift, eine Chance für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges, vor allem für ein gerechteres Leben, dann findet man vielleicht den Mut, die nötigen Schritte zu tun.

Also los!

Roland Vossebrecker

Der neue IPCC-Bericht vom 20.03.2023          

Der neue IPCC-Bericht vom 20.03.2023          

Der neue IPCC-Bericht vom 20.03.2023          

Die Lage ist alarmierend

von Simon Käsbach

Wie Du vielleicht aus den Medien erfahren hast, wurde am 20.03.2023 der neuste Synthesebericht des Weltklimarates (IPCC) veröffentlicht.
Das ist jetzt zwar schon etwas her, aber trotzdem brandaktuell, weil es hier um entscheidende Dinge für unser Überleben in der Zukunft geht.
Der Bericht ist eine Zusammenfassung der letzten sechs Berichte des IPCC. Er gibt den neusten Stand der Klimaforschung wieder und soll als Grundlage für politische Klimaschutzmaßnahmen dienen, die dringender denn je sind, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden. 

Zum IPCC:

Im Zuge der kontroversen Diskussion um den Klimawandel, angefeuert durch systematische Fehlinformationskampagnen der fossilen Energiewirtschaft, wurde, um Klarheit zu schaffen, 1988 das IPCC gegründet.

„Die Aufgabe des IPCC ist es, in einer umfassenden, objektiven und transparenten Weise das Wissen zum Klimawandel zusammenzufassen, das in den tausenden in der Fachliteratur verstreut publizierten Studien zu finden ist. Das IPCC baut dabei auf die Mitarbeit von Hunderten von Wissenschaftlern aus aller Welt, die nach ihrer fachlichen Expertise ausgesucht werden und die diese Arbeit unentgeltlich zusätzlich zu ihren beruflichen Pflichten übernehmen.“

aus „Der Klimawandel“ von Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber

2007 erhielt das IPCC den Friedensnobelpreis!

Die Arbeit des IPCC ist also in höchstem Maße wissenschaftlich. Abweichende Meinungen und Erkenntnisse werden immer wieder überprüft und neu bewertet. Dabei ist das IPCC alles andere als ein Panikmacher – im Gegenteil: Die Prognosen des IPCC haben sich leider allzu oft als zu optimistisch erwiesen.

Es ist wichtig, dass wir über die aktuelle Lage Bescheid wissen und den Inhalt des Berichtes verstehen, denn er betrifft uns letztendlich alle.

 

Daher haben wir hier die wichtigsten Eckdaten des Berichts im Überblick zusammengefasst:

  • Die globale Durchschnittstemperatur hat sich durch unsere Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bereits um über 1,1 °C erwärmt
  • Knapp 50% der Weltbevölkerung lebt in Regionen, die akut von der Klimakrise betroffen und bedroht sind.
  • Das angestrebte 1,5°-Limit des Pariser Klimaabkommens könnte, wenn die Emissionen nicht drastisch sinken, schon zwischen 2030 und 2035 gerissen werden.
  • Der Bericht sagt klar, dass das 1,5°-Grad-Ziel nicht überschritten werden darf, da sonst unumkehrbare Kipppunkte überschritten werden, die katastrophale Folgen hätten.
  • Die Erwärmung bei einem „Weiter so“-Szenario läge bei
    • 3,2°C bis 2050.
    • 4°C bis 2100, das würde bedeuten, dass 80 % der heute bewohnten Erdoberfläche unbewohnbar würden. 
  • Die Erwärmung bei Einhaltung aller jetzigen internationalen Klimaschutzzusagen läge im Jahr 2050 bei ca. 2,5°C. Gefährliche Kipppunkte wären dabei längst überschritten.
  • Extreme Hitzeereignisse werden bei zunehmender Erderwärmung wesentlich häufiger auftreten und viele Opfer fordern.

  • Der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich seit den 90er-Jahren deutlich und liegt nun bei 3,7 mm pro Jahr.

    (Quelle: IPCC)

Ganz schön besorgniserregend, oder? 

Wenn Dir solche Aussichten Angst machen, dann bist du damit nicht allein.
Wie zu erwarten war, ist das Ganze extrem alarmierend. Das ist ja auch eigentlich nichts Neues.
Die Wissenschaft warnt seit Jahrzehnten vor den dramatischen Folgen der Klimakrise und trotzdem wird das Thema in Politik und Gesellschaft nur als ein Nebenthema betrachtet. Das ist es aber nicht, denn es ist existenziell für uns alle und wird dennoch nicht einmal wirklich als Krise behandelt. Die Mehrheit unserer Gesellschaft tut immer noch so, als wäre das alles gar nicht schlimm und wir könnten einfach so weiter machen wie bisher. 

Nein! Das dürfen wir auf gar keinen Fall.
Wir sollten diesen Bericht unbedingt als letzte Warnung verstehen und jetzt sofort anfangen zu handeln.
Denn die Zeit läuft uns davon!
Aber die Regierungen haben scheinbar immer noch nicht wirklich verstanden, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen. Stattdessen wird lieber weiter in Autobahnen oder in riesige LNG- Terminals bei Rügen investiert. 

Dies, obwohl die Klimakrise für Menschen im Globalen Süden bereits Alltag ist und sie täglich um ihr Überleben kämpfen müssen. Ein Beispiel dafür ist Kenia, wo aktuell die schlimmste Dürre seit 40 Jahren herrscht. Doch darüber berichten die Medien leider viel zu wenig. 

Ein weiteres Beispiel ist der Anstieg des Meeresspiegels. Es klingt erst einmal nicht nach viel, wenn man hört, dass es bislang nur um ein paar Zentimeter geht. Doch allein dadurch sind Küstenregionen akut bedroht, ganze Städte drohen zu versinken, Reisanbaugebiete in Asien versalzen und die Lebensräume von Milliarden Menschen werden zu Gefahrenzonen. Rund 680 Millionen Menschen leben unmittelbar in Küstenregionen und etwa die Hälfte aller Menschen weltweit lebt weniger als 100 Kilometer von einer Küste entfernt.

Noch leben wir vor allem auf Kosten der Menschen im Globalen Süden. Wir erleben die Katastrophe aber auch immer mehr hier in Europa. Letztes Jahr war ein Jahr der Waldbrände und der Dürre. Und auch dieses Jahr startet mit vielen dramatischen Vorboten der Klimakatastrophe. In Spanien herrscht eine massive Dürre und der Gardasee ist so wenig gefüllt wie noch nie. 

Um es nochmal zu veranschaulichen:

Bereits jetzt sind schon etwa 50% der gesamten Weltbevölkerung von der Klimakatastrophe bedroht. Also jeder zweite Mensch.

Trotzdem handelt die Politik immer noch viel zu halbherzig. Einigen Politiker*innen ist ihre Verantwortung gegenüber der Zukunft der Menschen und vor allem künftigen Generationen scheinbar nicht bewusst. Das muss aufhören, denn sonst können wir diese Krise nicht lösen. 

Es liegt an uns!

Wir als Zivilgesellschaft müssen jetzt gemeinsam den öffentlichen Druck auf die Entscheidungsträger*innen erhöhen, damit endlich verantwortungsvoll gehandelt wird.
Denn es steht im Grundgesetz, Artikel 20a, dass der Staat die Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren schützen muss. Das passiert aber aktuell noch nicht und das können wir doch nicht akzeptieren, wie ich finde.

Um das Schlimmste der Katastrophe noch zu verhindern, müssen die Emissionen drastisch sinken.

Es kann nicht sein, dass weiterhin Menschenleben und unsere Zukunft aufs Spiel gesetzt und lieber Profite auf Kosten der Allgemeinheit gemacht werden. 

Noch lohnt es sich zu kämpfen. Denn noch haben wir die Chance, das Schlimmste zu verhindern. Wenn wir aber erst einmal Kipppunkte überschritten haben, geraten wir ungebremst in die Klimakatastrophe und können den Prozess nicht mehr aufhalten. 

Es lohnt sich also gerade jetzt, noch etwas zu tun, und wir haben diese einmalige Möglichkeit.
Wir haben außerdem das Glück, dass wir in einer Demokratie leben und daher unsere Meinung laut äußern dürfen. Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten etwas zu tun. Dieses Privileg sollten wir wirklich nutzen. 

Wir haben eine große Verantwortung gegenüber unserer Zukunft, dem Leben der Menschen im Globalen Süden und der jungen Generation. Die nächsten Jahre sind sehr entscheidend. Jede unserer Handlungen heute hat Einfluss auf die Welt von morgen.

Also lasst uns jetzt beginnen und nicht länger zusehen, wie unsere Zukunft zerstört wird.

Hilf mit und bring dich ein, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.

Wie Du Dich einbringen kannst:

  • Geh demonstrieren.

  • Unterschreibe Petitionen.

  • Fordere konsequenten Klimaschutz von Deinen Abgeordneten und weiteren Politiker*innen.
  • Engagiere Dich in Klimaschutz- und Umweltgruppen und Vereinen (z. B. Fridays for future, Greenpeace u. v. a. m.).
  • Komm zur Initiative KlimaGerecht Leben, wir brauchen engagierte Aktivist*innen.

Simon Käsbach

Kleben fürs Klima – ein Statement zur „LetzTen Generation“ 

Kleben fürs Klima – ein Statement zur „LetzTen Generation“ 

Kleben fürs Klima – ein Statement zur „Letzten Generation“

von Raik Weidemann

Kleben fürs Klima. Was soll das bitte bringen? Was haben Monet, Beethoven oder der Otto-Normalverbraucher im Feierabendverkehr mit dem Klima zu tun??!

Wir alle sind einfach nur genervt von diesen überheblichen Aufmerksamkeits-Junkies. Ihre Aktionen treffen die Falschen, sind einfallslos und überschreiten zunehmend Grenzen. Statt Menschen für den Klimaschutz zu begeistern, erreichen sie genau das Gegenteil. 

 

Das jedenfalls ist die Kernaussage nahezu aller, mit denen ich mich über die Klima-Kleber unterhalte. Die Haltung dahinter heißt: „Natürlich bin ich fürs Klima. Aber irgendwie muss der Klimaschutz so gestaltet werden, dass ich möglichst nichts davon merke und mein Leben in gewohnter Weise fortführen kann.“ Aber funktioniert das? 

 

Schon jetzt stört das Klima immer wieder unseren Alltag. Als ich letzten Sommer mit meiner Freundin ihre Eltern in der Oberlausitz besuchen wollte, sind wir in Dresden stecken geblieben. Ein Waldbrand in Klotzsche hat die Schienen bedroht, wodurch der Bahnverkehr eingestellt wurde. Glücklicherweise hat mein künftiger Schwiegervater in eine überteuerte Tankladung fossiler Energie investiert und uns abgeholt. Ohne Störung durch Klimakleber sind wir so am selben Abend noch angekommen. Mit diesem Auto haben wir am übernächsten Tag auch einen Ausflug nach Tschechien gemacht und sind dort in den wunderschönen Wäldern der böhmischen Schweiz spazieren gegangen – eine Woche bevor auch diese abgebrannt sind.

 

Wie sieht unsere Welt in 30 Jahren aus, wenn sich die Intensität und Häufigkeit dieser Waldbrände vervielfachen? Was machen wir, wenn die Seine über die Ufer tritt, das Lager des Louvre überflutet und tausende von Kunstschätzen unwiderruflich zerstört? Wenn Hamburg unter Wasser steht und Beethoven nie wieder in der Elbphilharmonie erklingt, werden wir uns dann wünschen, wir hätten früher gehandelt? Werden wir es bereuen, dass wir nicht 30 Jahre früher freiwillig unser Leben radikal verändert haben? 

 

Die Erkenntnisse zum Klimawandel sind alt. Friedliche Klimaproteste gibt es seit mindestens 20 Jahren und ganz verstärkt in den letzten fünf Jahren. Warum ändert sich nichts? Andreas Malm weist in seinem Buch „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt“ darauf hin, dass erfolgreiche Bewegungen wie der Kampf gegen die Sklaverei in den USA, der Kampf gegen die Apartheid in Südafrika, die Suffragetten-Bewegung oder der arabische Frühling nicht nur friedliche Demonstrationen, sondern auch militante Kämpfe waren. Vielleicht erreichen wir wirksamen Klimaschutz auch erst durch zivilen Ungehorsam, Eingreifen, Sabotage und Konfrontation. Klar ist, dass sich Politik und Wirtschaft ändern müssen. Aber geht Klimaschutz ohne gesellschaftlichen Wandel? 

 

Nein! Jeder einzelne von uns muss sein Leben umstellen, muss auf manche Annehmlichkeiten verzichten, muss lieb gewonnene Gewohnheiten ändern. Zwar richten sich die Forderungen der „Letzten Generation“ an die Politik, doch stören ihre Protestformen unseren Alltag, ärgern uns, zwingen uns zum Anhalten, und bringen uns so Nachdenken.

 

Die letzte Generation sind wir alle. Wir sind die Letzten, die die schlimmsten Ausmaße der Klimakatastrophe noch abwenden können. Jeden Tag bekommen wir aus der Zukunft die Hand gereicht. Jeden Tag können wir aufs Neue entscheiden, ob wir mit einen Weiter-so dieses Angebot ablehnen und unsere eigene Zukunft zerstören, oder ob wir uns an den Verhandlungstisch setzen und die Bedingungen aushandeln, die uns eine lebenswerte Zukunft ermöglichen – eine Zukunft mit Monet, mit Beethoven, aber ohne Otto-Motor.

Letzte Diskussion?!

Letzte Diskussion?!

Letzte Diskussion?!

von Tabea Schünemann

Ein Kommentar zur „Klimakleber“-Kontroverse

Wer erwartet, dass wir uns als Initiative Klimagerecht Leben hier an dieser Stelle zu den Protesten der „Letzten Generation“ positionieren, den muss ich jetzt leider enttäuschen. Zum einen gibt es dazu innerhalb unserer Gruppe so viele Meinungen wie Mitglieder, sodass eine geschlossene offizielle Haltung dazu unmöglich und auch nicht zwingend nötig ist. Zum anderen ist es meiner Meinung nach auch gar nicht die eigentliche Frage, wie diese Proteste zu bewerten sind oder wie legitim ziviler Ungehorsam in welcher Form ist. Natürlich sind das alles interessante Fragen, die auch die Klimabewegungen beschäftigen, aber die aktuelle Diskussion verläuft in meinen Augen total schief und geht an den dringenden Fragen vorbei

Anstatt über die Aktionsformen der „Letzten Generation“ zu diskutieren, müsste man fragen:

Was bewegt Menschen dazu, sich auf der Straße festzukleben, damit endlich mal ihr Anliegen ernst genommen wird? Wieso gelingt es einer demokratischen Gesellschaft nicht, diesen Menschen zuzuhören?

Ihre Anliegen und Forderungen sind absolut berechtigt, aber anstatt dies schuldbewusst anzuerkennen und sich der eigenen Verantwortung bewusst zu werden, werden sie kriminalisiert.

Um abzulenken von der unbequemen Wahrheit, die diese Menschen wagen, auszusprechen!
Diese Proteste wären überhaupt nicht nötig, wenn schon längst das politische und gesellschaftliche Bewusstsein für die Dringlichkeit von Klimaschutz und die entsprechenden (versprochenen) Handlungen vorhanden wären! Dies zeigen sie in aller Deutlichkeit.

Die Frage ist also eher:
Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Ich deute die Proteste als verzweifeltes: 

JETZT HÖRT ENDLICH MAL ZU UND MACHT MAL WAS!

Alles konventionelle Reden und Demonstrieren scheint nicht zu reichen, damit alle endlich verstehen, dass jetzt wirklich etwas getan werden muss.
Das ist keine apokalyptische Panikmache einer Jugend, die vergessen hat, in ihren 20ern Spaß zu haben!
Es sind auch keine „Klimakleber“, denen es Spaß macht, von Passant*innen angepöbelt zu werden.
Es sind Menschen mit einer schlichte Forderung: Hört den Wissenschaftler*innen endlich zu, ist das zu viel verlangt?
Natürlich bedeutet Demokratie auch Kompromisse und langsame Prozesse, aber die aktuelle Debatte verlangsamt diese noch mehr, weil lieber über die Legitimität der Proteste diskutiert wird als endlich im Handeln weiterzukommen.
Es scheint manchen gesellschaftlichen und politischen Strömungen ganz gelegen zu kommen, denn so muss man sich nicht der eigenen Verantwortung stellen, zu der man gezogen wird.

Warum werden Klimaaktivist*innen kriminalisiert und nicht die großen Verbrecher*innen der Klimakrise?
Warum wird nicht thematisiert, welche Gewalt die Klimakrise hervorbringt und welche Verantwortung der Bundesregierung auch laut Bundesverfassungsgericht darin zugeschrieben wird? Welche Tote sie schon gefordert hat, fordert und fordern wird? 

Dazu untersucht Gesa Lindemann in einem Zeit-Artikel den Begriff der Gewalt genauer und schlägt die Formulierung „ökologische Gewalt“ in Anlehnung an das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor. 

Sie kommt zu dem Schluss: 

„Die Aktionen von Letzte Generation oder Ende Gelände tun nichts anderes, als die deutsche Politik daran zu erinnern, dass das BVerfG sie dazu verpflichtet, der ökologischen Gewalt nach innen und in der internationalen Politik entgegenzutreten.“

Lasst uns bitte über die wirklichen Verbrechen und Verantwortungen sprechen!

Lasst uns die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Warnungen endlich ernst nehmen!

Lasst uns endlich das Richtige tun, statt über das Falsche zu reden!

Tabea Schünemann