Petition – #wenigeristfair

Petition – #wenigeristfair

Petition
#wenigeristfair
Keine Klimagerechtigkeit ohne Suffizienz

von Roland Vossebrecker

Pünktlich zum Ende der parlamentarischen Sommerpause ist soeben unsere Petition zu SUFFIZIENZ online gegangen. 

Keine Klimagerechtigkeit #wenigeristfair

Wir fordern darin unsere maßgeblichen Politiker*innen auf, sich endlich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass es ohne ein Ende von maßloser Ressourcenausbeutung und Überkonsum, ohne ein GENUG FÜR ALLE nicht gehen kann mit dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Bitte unterzeichnet die Petition und verbreitet sie auf allen Kanälen, wo immer es möglich ist.

Weniger ist Fair

Weniger ist Fair

Weniger ist Fair

von Tabea Schünemann

Man könnte das auch umdrehen: Immer mehr ist gar nicht fair!

Immer mehr ist aber die Grundlage unseres Wirtschaftssystems. 

Die physikalische Wahrheit ist: Das ist nicht zukunftsfähig. Und auch gegenwärtig schon ungerecht. Unsere Wirtschaft macht die Reichen reicher, die Armen ärmer. Das Einzige, was zuverlässig wächst, ist der Spalt in der Gesellschaft. 

Und: Unser Planet hat Grenzen und wir haben die meisten schon überschritten. 

Das ist nicht blöd fürs Klima, das ist brandgefährlich für uns! Schreibe ich bei 36 Grad. Und es wird noch heißer. Und wir deshalb nie wieder leiser! 

 

Oft drehen sich Diskussionen um das böse Wort Verzicht. 

Ich frag mich dann: Leben wir denn schon wirklich in der besten aller möglichen Welten? 

Anders gefragt: Worauf verzichten wir aktuell?

Ich schreibe diese Zeilen in einem gottlos verspäteten, viel zu teuren Zug. Wir verzichten also gerade auf die Möglichkeit, so von A nach B zu kommen, dass

  1. Es stressfreie und bezahlbare Alternativen zum Auto gibt
  2. Alle daran teilhaben können
  3. Kinder in der Stadt frei spielen können 
  4. Wir sicher in der Stadt unterwegs sind 

Dann fahre ich nachhause, in mein Dachgeschoss-WG-Zimmer. Immerhin habe ich ein Zimmer, auch wenn die Hitze sich darin staut wie die Zettel auf meinem Schreibtisch. Das geht nicht allen so. Das mit dem bezahlbaren Wohnraum. 

Wir verzichten also darauf, so zu wohnen, dass

  1. für alle genug Platz ist
  2. es für alle bezahlbar ist 
  3. wir darin vor Hitze und Kälte geschützt sind 

 

Jetzt noch schnell einkaufen, uff, auch das ist meistens weder gut noch günstig.

Wir verzichten also darauf, uns so zu ernähren, dass

  1. gesunde Ernährung für alle möglich ist
  2. es gesund für uns und den Planeten ist
  3. wir es wertschätzen und nicht Geld in die Tonne werfen in Form von verschimmeltem Brot
  4. wir die Herstellung fair bezahlen 

All diese Probleme könnten auch durch eine Umstrukturierung der Arbeit gelöst werden. Denn mit einem bedingungslosen Grundeinkommen oder zumindest fairen Löhnen für wirklich sinnvolle Arbeit, könnten wir die Arbeitszeit verkürzen und hätten mehr Zeit, um uns zu kümmern:
um uns, unsere Liebsten und unsere Umwelt. 

Wir verzichten auf Qualität! Auf das, was uns wirklich wichtig ist. 

Wir haben zu wenig von: Zeit, Gesundheit, Zufriedenheit, einer sicheren Zukunft und einem guten Gewissen den Marginalisierten der Gegenwart gegenüber. 

So viele Menschen verzichten auf das Mindeste, damit wir „uns mal was gönnen können“. Es sind nur 11% der Menschen weltweit, die überhaupt fliegen. Woher nehmen wir dieses Recht? Aus unserer Hautfarbe oder unserer Nationalität? Bei dem Gedanken wird mir schlecht. 

Die Antwort ist:
Weniger von dem Quatschkonsum, mehr Grenzen für die größten Zerstörer, mehr von dem Guten! 

Auf den Weg dahin müssen wir uns natürlich gemeinsam einigen. Ich will ja gerade nicht, dass ein paar Wenige alles bestimmen. 

Und: unser brennender Planet seufzt, ächzt und schreit:
Wie wollt ihr eigentlich leben?
Oder nein: Wollt ihr eigentlich leben? 

Demokratisch, praktisch, gut – gelebte Suffizienz

Demokratisch, praktisch, gut – gelebte Suffizienz

Demokratisch, praktisch, gut – gelebte Suffizienz

von Tabea Schünemann

Vielleicht hat der eine oder die andere von euch ja bereits unsere Zusammenfassungen des SRU-Thesenpapiers gelesen und denkt sich jetzt: Ja, Suffizienz, wichtig und richtig, aber was heißt das jetzt bitte konkret?
Wie sollen wir jemals dahin kommen, immerhin irgendwie das ganze System ändern und das noch bei der aktuellen politischen Lage???

Ich will dazu folgendes sagen: 

Erstens: Wie Eckardt von Hirschhausen so schön sagt: Physik bleibt Physik, auch wenn Du sie damals in der Schule abgewählt hast. Soll heißen: Die Einhaltung planetarer Grenzen für unser (Über)Leben auf der Erde durch Suffizienz bleibt notwendig, auch wenn „niemand mehr übers Klima spricht“.  Die Überschwemmungen und Hitzewillen von 2024 bezeugen dies. 

Zweitens: Ich finde die aktuellen Trumpschen usw. Entwicklungen auch furchterregend und den Koalitionsvertrag zum Heulen. Wie kann man so sein? Trotzdem gibt es in mir eine Stimme, die nach dem Heulen dann wütend wird und sagt: Dann jetzt erst recht! Und es stimmt einfach nicht, dass niemand übers Klima spricht, sich darüber Sorgen macht oder die notwendigen Schritte gehen will. Wir müssen uns nur zusammentun. 

Drittens: Genau das passiert gerade mit unserem Suffizienz-Bündnis. Hier kommen Leute zusammen, denen das Thema schon lange oder ganz frisch (wie mir) im Herzen brennt und lodert. Die keine Lust mehr haben auf „Weiter so“ und Politiker*innen, die ihre Arbeit verweigern und uns Versprechen machen, die sie wegen Naturgesetzen nicht halten können. Menschen, die Lust haben auf Veränderung, die sagen: Wir könnten es so schön haben! Und die dann die nötigen Schritte dahin gehen. 

Also, wie kommen wir denn jetzt dahin? 

Zuerst habe ich festgestellt, dass das Wort Suffizienz vielleicht den wenigsten bekannt sein mag, aber es doch viele Beispiele für suffiziente Praktiken gibt, die wir kennen. 

D.h. jedes Mal, wenn Du…

… deinen Laptop zur Reparatur bringst

… dich beim Shoppen fragst, ob du das wirklich brauchst und die Jacke wieder zurückhängst

… von deiner Freundin ein Buch ausleihst

… dieses Buch liest statt Netflix zu schauen 

… auf Flohmärkte gehst

… Alternativen zum Fliegen googelst und benutzt

… du dich durchringst, „mit Hafermilch“ zu sagen

… die matschige Banane zuerst isst 

… du dein Zimmer untervermietest 

 

… ist das gelebte Suffizienz! 

 

Das alles ist ein Teil einer Strategie des Genug. Konkrete Handlungen im Alltag. Und wie immer ist es Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Suffizienz eine Struktur und keine heroischen Einzeltaten ist. 

 

D.h. konkret brauchen wir…

… die Wiedereinführung des Reparaturbonus (wie es ihn z.B. in Sachsen schon gab) 

… Förderung von Tausch- und Leihoptionen 

… eine Kerosinsteuer

… kostenlosen ÖPNV

… Subventionen für pflanzlichen Produkten (statt tierischen)

… eine Regelung gegen Lebensmittelverschwendung in Supermärkten

… eine bessere Nutzung von Wohnraum 

… eine Entwicklung hin zu einer Kreislaufwirtschaft

… Bildungsprogramme zur Suffizienz

… und vor allem ein Ende der Lüge, dass es ohne Veränderung in unserem Leben und Wirtschaften weitergehen kann 

 

Das sind nur einige Vorschläge, aber ihr merkt: Es gibt so viele konkrete Ideen. Wer das bezahlen soll? Vielleicht die, die am meisten Co2 verursachen, oder?

Was mich daran begeistert: Suffizienz beinhaltet damit 

  • Einerseits eine große allumfassende Utopie, ein Träumen von einer Welt, wie sie sein könnte
  • Andererseits konkrete Maßnahmen, die uns diesem Traum näherbringen

Wie immer hängen hier gesellschaftlicher und politischer Wandel zusammen.
Von den politischen Maßnahmen habe ich schon gesprochen. Und die werden wir einfordern, bis wir grün werden:D und zwar wirklich und nicht nur dasselbe in Grün! Grüner Kapitalismus ist wie ein eckiger Kreis: ein Widerspruch in sich. 

Der gesellschaftliche Wandel braucht zum einen das Vorleben all dieser oben angedeuteten Dinge. Jedes Vorleben ist dabei auch eine kritische Anfrage an den Ist-Zustand. Jedes Mal, wenn ich etwas nicht kaufe, obwohl mir durch die Werbung vermittelt wurde, dass ich es brauche, zeige ich, dass das nicht stimmt. Dass ich es nicht brauche. Weil immer noch gilt: Die wichtigsten Dinge im Leben sind keine Dinge. 

Und ich finde es auch schwer. Weil es schwer gemacht wird. Weil wir eine Gesellschaft sind, die in Wachstum denkt und Konsum lebt. 

Unser neuer Slogan ist deswegen ein tolles Zitat von Uta von Winterfeld: 

Niemand soll immer mehr haben wollen müssen. 

Ich will nicht ein bestimmtes Handy haben müssen, um in der Schule nicht gemobbt zu werden. Ich will nicht von meinem nächsten Urlaub erzählen können müssen, um beliebt zu sein. Ich will kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich Freitagabend zuhause sitze, statt immer noch mehr zu erleben. Ich will Pause machen können, so richtig. Ich will, dass ich fürs Pause machen mir nicht erst noch ne teure Yoga-Leggings und Gesichtsmasken kaufen muss. 

Ich will einfach sein. 

Genug sein. 

Genug haben. 

Ich hab doch längst genug. 

Das ist ja das Verrückte: Alles ist genug da auf der Welt, Lebensmittel, Wohnraum, Wasser,… wir haben es nur so verdammt schlecht verteilt. Zeit, es zurückzugeben, was uns nicht gehört.


Zeit, für ein Mehr zu sorgen.
Mehr Menschenwürde.  Mehr Freiheit, mehr Zeit, mehr Liebe, mehr Gerechtigkeit. 

WEbinar „Suffizienz“ mit dem SRU, 30.01.2025

WEbinar „Suffizienz“ mit dem SRU, 30.01.2025

Webinar „Suffizienz“ mit dem SRU, 30.01.2025

Warum reichen technische Lösungen nicht aus, um das Klima zu retten?
Was sind eigentlich planetare Grenzen und wie ist es wirklich um unsere Welt bestellt?
Wie können wir ein gutes Leben für alle ermöglichen und was hat das mit Suffizienz als „Strategie des Genug“ zu tun?

Diese und weitere Fragen beantworten Dr. Julia Michaelis und Bendix Vogel vom Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in diesem Webinar.
Der SRU ist ein kompetent besetztes Gremium, das die Bundesregierung in allen relevanten Umweltfragen berät. In diesem Vortrag erläutern die Wissenschaftler*innen auf anschauliche Weise, warum es ohne Suffizienz nicht gehen wird.

Gut aufbereitete Informationen für alle, die Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit suchen.

 

 

Deine Suffizienz-Mail an die Politik

Deine Suffizienz-Mail an die Politik

Deine Suffizienz-Mail an die Politik

Wir wollen es nicht mehr hinnehmen, dass unsere Politiker*innen weiter den Sachverständigenrat für Umweltfragen ignorieren. Wir akzeptieren nicht, dass Suffizienz als Strategie des Genug von unseren Volksvertreter*innen weiter missachtet wird.
Die vom SRU vorgelegten Thesen sprechen eine eindeutige Sprache:
Eine Politik der Suffizienz ist für den Erhalt unserer freien demokratischen Ordnung, für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und unserer menschlichen Zivilisation von entscheidender Bedeutung.


AUCH DU KANNST HELFEN:

Fordere die Bundestags-Abgeordneten auf, sich mit den Suffizienz-Thesen des SRU auseinanderzusetzen, und sich – gerade auch jetzt im Wahlkampf – zum Thema Suffizienz zu positionieren und sich für eine konsequente Suffizienzpolitik einzusetzen.

GEMEINSAM BRINGEN WIR SUFFIZIENZ IN DIE POLITIK!

Das ist ganz leicht! Unsere Partnerorganisation plattformPRO hat uns ein Abgeordnetentool eingerichtet. Herzlichen Dank!

  • Öffne diesen Link: Abgeordneten-Tool

  • Gehe auf Abgeordneten-Tool mit SRU-Thesenpapier

  • Gib einen Namen, eine PLZ oder deinen Wahlkreis ein und klicke auf Suche

  • Wähle die Abgeordneten aus, denen Du schreiben möchtest (möglichst viele!)

Wenn Du dann auf Mail verschicken klickst, dann öffnet sich in Deinem Mailprogramm eine Mail an die von dir ausgesuchten Abgeordneten mit unserem Text, unterschreibe noch und versende die Mail.

Unsere Volksvertreter*innen werden eine Menge Post bekommen, und es wird ihnen immer schwerer werden, sich weiter vor dem großen Thema Suffizienz zu drücken!

Herzlichen Dank an Alle, die mitmachen!

Suffizienz – der Elefant im Raum der Umweltdebatte

Suffizienz – der Elefant im Raum der Umweltdebatte

Suffizienz – der Elefant im Raum der Umweltdebatte

von Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

März 2024. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) veröffentlicht ein Thesenpapier, das deutlicher und brisanter nicht hätte sein können.

Die klare Botschaft lautet: Um für eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten zu sorgen, braucht es vor allem eins: Suffizienz.
Um der Überschreitung der planetaren Grenzen entgegenzuwirken, reichen Effizienz (Optimierungen bestehender Techniken) und Konsistenz (Ersatz durch umweltfreundlichere Alternativen) nicht aus.
Notwendig ist Suffizienz als „Strategie des Genug“ für die absolute Verminderung des Verbrauchs von Rohstoffen und Energie. 

Suffizienz bedeutet ein Leben im Genug. Nicht in Armut, aber auch nicht im Überfluss wie die Mehrheit der Bevölkerungen in den reichen Industrienationen, deren Übernutzung natürlicher Ressourcen das Erdsystem destabilisiert. Der Sachverständigenrat lässt keine Zweifel an der dramatischen Dringlichkeit für eine Suffizienzpolitik, stellt darüber hinaus aber auch die Vorteile und Gewinne einer suffizienten Lebensweise heraus. Der SRU untermauert die Notwendigkeit von Suffizienz wissenschaftlich, rechtlich und moralisch und scheut sich nicht, neben Wissenschaft und Gesellschaft auch die Politik in Verantwortung zu ziehen. 

„Eine Politik der Suffizienz ist verfassungsrechtlich möglich und unter bestimmten Bedingungen sogar geboten“

(SRU, Suffizienz, These 10, S. 44)

Der Suffizienzgedanke an sich ist nicht neu. Viele kluge Vordenker*innen (Maja Göpel, Niko Paech, Harald Welzer u. v. a. m.) haben überzeugend für einen Ausweg aus dem weltzerstörerischen Konsummodell der Moderne argumentiert.
Brisant ist das Papier aber durch die akribische Wissenschaftlichkeit, mit der jede der 16 Thesen zur Suffizienz untermauert werden, sowieso besonders durch die offizielle Funktion des SRU. Dieser berät die Bundesregierung(en) in allen relevanten Umweltfragen.

Der Sachverständigenrat spricht im März mit seinem Thesenpapier „Eine Einladung zur Diskussion“ aus (so der Untertitel), eine Diskussion, die seit langem überfällig ist, wenn man die gewaltigen Herausforderungen der eskalierenden Klima- und Umweltkrisen ernst nimmt.

Doch dann passiert – Nichts.

In aller Deutlichkeit: Die Bundesregierung ignoriert ihren eigenen Sachverständigenrat ebenso wie es die Parteien der Opposition tun.
Eine politische Auseinandersetzung über die Thesen zur Suffizienz findet nicht ernsthaft statt.
Im Gegenteil: Die politischen Debatten um die Krisen des Klimas, des Artensterbens und weiterer Umweltprobleme drehen sich beinahe ausschließlich um vermeintliche technische Lösungen. Das Thema Suffizienz wird selbst von jenen gemieden, die es besser wissen, von den meisten politischen Parteien aber bewusst ignoriert. 

Warum?

Diese weitreichende und fatale politische Ignoranz ist ganz unterschiedlich motiviert. 

Das Konzept Suffizienz stellt sich gegen das kapitalistische, angeblich alternativlose Wachstumsmodell.
Trotz der bereits stattfindenden Katastrophen wird uns allseits vermittelt, wir lebten in der besten aller möglichen Welten. In vielen politischen Köpfen scheint die Möglichkeit einer Alternative zu endlosem Konsum nicht angelegt zu sein, obwohl es immer offensichtlicher wird, dass ein Weiter-so die Menschheit in den Kollaps treiben wird. Stattdessen wird weiterhin jeder Versuch einer Regulierung von umweltschädigendem Konsum durch eine neoliberalen Erzählung von „Freiheit“ (Floskel des Jahres 2022) blockiert. Es hält sich hartnäckig ein Narrativ, das klimapolitische Maßnahmen unter dem Vorwurf des unverhältnismäßigem Verbots ablehnt. Hier wirkt auch die Angst der Wohlhabenden, die fürchten, ihre Privilegien zu verlieren. 

Das Umweltbundesamt schreibt in seiner Untersuchung zu Strategien des Anti-Klimapopulismus:

Dabei werden umweltpolitische Regulierungen als autoritäre und antidemokratische Eingriffe in die persönlichen Freiheitsrechte verzerrt – ein Argumentationsmuster, bei dem sich (…) die populistische und neoliberale Rhetorik überschneiden.”

Der SRU gibt darauf eine klare und herausfordernde Antwort:

„Ressourcenintensive Lebensstile gefährden die Freiheit anderer und es gibt keinen moralischen Anspruch, dies zu ignorieren.”  (SRU, Suffizienz, These 6, S. 32)

 

Durch die Thesen zur Suffizienz werden vor allem Menschen mit hohem Ressourcenverbrauch in die Pflicht genommen. In Deutschland wie weltweit gilt, dass je größer das Einkommen bzw. Vermögen, desto größer der Ressourcenverbrauch, der ökologische Fußabdruck – aber auch das politische Gewicht. Es ist wissenschaftlicher Konsens: Reich bedeutet einflussreich. Daher dürfte es nicht verwundern, dass ein Text wie das SRU-Diskussionspapier politisch kein Gehört findet: Es ist nicht im Interesse des (einfluss-)reichen Teils der Bevölkerung. Zumindest nicht, wenn das Interesse primär in der Bewahrung und Vermehrung des Vermögens besteht. Dem Systemwandel stehen diejenigen entgegen, die das System erhalten wollen, weil sie davon profitieren. Dies ist keine neue Erkenntnis, umso wichtiger ist es, den Finger immer wieder in diese offene Wunde der Demokratie zu legen.  

Ein weiteres tun die Strategien und Narrative  einer erfolgreichen “Klimaschmutzlobby”. Dank investigativer Recherche treten deren Strategien immer mehr an die Öffentlichkeit und trotzdem war in den vergangenen Jahrzehnten leider nichts so erfolgreich wie die Entpolitisierung der Klimadebatte. Doch ist es die Aufgabe der Politik, Strukturen zu fördern, die ein suffizientes Leben ermöglichen oder erleichtern.

Mutlosigkeit, bei jenen, die es eigentlich besser wissen

Schließlich gibt es noch jene politischen Kräfte, die es besser wissen, die verstanden haben, dass es ohne Suffizienz nicht funktionieren kann mit der Rettung unserer Lebensgrundlagen, und unter dem Aspekt der Gerechtigkeit schon gar nicht. Es fehlt aber der Mut, dies auch offen zu kommunizieren. 

Beharrlich hält sich der Glaube, dass man diese Wahrheit den Wähler*innen nicht zumuten dürfe, dass man der Gesellschaft ein suffizientes Leben nicht zutrauen kann. „Ja, stimmt ja, aber wenn wir das sagen, dann wählt uns niemand mehr…“ ist uns in Gesprächen mit Grünen Politiker*innen allzu oft begegnet. Man könnte es passiven Populismus nennen.

Auch hier hat das SRU-Papier einiges zu bieten:

Suffizienz kann Baustein eines gelingenden Lebens sein

(SRU, Suffizienz, These 12, S. 58)

Denn Suffizienz ist keine reine Verzichtserzählung. Wem die Bewahrung unserer menschlichen Zivilisation nicht reicht, dem können, dem müssen die weiteren Vorteile einer genügsamen Lebensweise vermittelt werden: Eine suffiziente Gesellschaft ist gesünder, entspannter und gerechter!

 

Suffizienz, eine Aufgabe für die Klimagerechtigkeitsbewegung!

Wie lässt sich diese politische Ignoranz durchbrechen? Wie kann es endlich zu einer mutigen und ehrlichen politischen Auseinandersetzung zu Suffizienz als alternativen genügsamen Lebensweise und Gesellschaftsform kommen?

Politiker*innen pflegen den Eindruck, suffiziente Maßnahmen seien nicht „Volkswille“ – auch das ist eine Anti-Klima-populistische Strategie. Damit sie nicht funktioniert, braucht es ein lautes gesellschaftliches „Doch – wir wollen das“. Es bedarf der „Pionier*innen des Wandels, also Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen, die Transformation (…) ‚von unten’ durch Innovationen und nachhaltige Praktiken anstoßen.“ (SRU, Suffizienz, S. 62)

Mit der Suffizienz-Strategie stellen die Wissenschaftler*innen des SRU unsere Konsumgesellschaften, die aktuellen Besitzverhältnisse, eine auf endloses quantitatives Wachstum ausgerichtete Wirtschaft, eine Denkweise, die die Alternativlosigkeit des Kapitalismus predigen und schließlich unsere Wertvorstellungen infrage, kurz: Das ganze System!

Die berechtigte, aber allgemeine Forderung der Klimagerechtigkeitsbewegung System change, not climate change würde im Projekt Suffizienz ein klares Profil erhalten.

 

Tabea Schünemann ist Theologiestudentin, Autorin und Klimaaktivistin und lebt aktuell in Leipzig.
Roland Vossebrecker ist Musiker und als Aktivist in der Holocaust-Bildungsarbeit und in der Klimagerechtigkeitsbewegung engagiert. Beide sind Mitglieder der Initiative KlimaGerecht Leben.