Das bringt doch nichts!

Das bringt doch nichts!

Das bringt doch nichts!

von Roland Vossebrecker

Wir unterzeichnen Petitionen gegen RWE…

Das bringt doch nichts!

Wir schreiben einen Protestbrief an die FDP wegen des…

Das bringt doch nichts!

Wir demonstrieren gegen die AfD, weil…

Das bringt doch nichts!

Seit Jahren gehen wir mit FFF und vielen anderen Klimaprotestbewegungen auf die Straße, um…

Das bringt doch nichts!

Wir protestieren gegen die Asylpolitik von Frau von der Leyen, weil diese mit europäischen Werten…

Das bringt doch nichts!

Wir fordern, was wir leben, und leben, was wir fordern!

Das bringt doch nichts!

Natürlich bringt es nichts!

RWE wird weiter den eigenen Profit vor Klimaschutz stellen, Christian Lindner wird bis zu seinem Lebensende der egoistisch neoliberalen Idee anhängen, die AfD wird von ihrer widerlich rassistischen Agenda nicht abrücken, die Emissionen steigen immer noch, Frau von der Leyen wird wegen unserer Briefe ihre Politik nicht ändern und unser Leben hat unter acht Milliarden anderer Leben nur einen sehr bescheidenen Wirkungskreis.

Und doch:

ES BEWIKRT SO VIEL!

Was wäre unsere Gesellschaft, gäbe es das ganze zivilgesellschaftliche Engagement nicht? Wo stünden wir, wenn nicht immer wieder Menschen für die Gerechtigkeit auf die Straße gegangen wären?

Die einzelne Aktion mag keine direkte Wirkung entfalten. Zusammengenommen aber sind sie Teilhabe, gelebte Demokratie und Gestaltung der Wirklichkeit, – auch gegen alle Widerstände.

„Das bringt doch nichts“ ist nicht mehr als die Agenda der Mutlosen, die Ausrede der Passiven. Also weiter!

Roland Vossebrecker

Wacht auf, ihr eingeschlafenen Herzen!

Wacht auf, ihr eingeschlafenen Herzen!

Wacht auf, ihr eingeschlafenen Herzen!

von Tabea Schünemann

Ein Text gegen (meine) Müdigkeit

 

Ja, die Ergebnisse der Wahlen, v.a. der Europawahl sind erschreckend, ein Schlag ins Gesicht für die Demokratie.
Was mich mehr erschreckt: Meine eigene Reaktion, mein eigenes Nicht-Erschrecken.
Bin ich etwa schon resigniert? 

Ich will hier ehrlich sein: Der ganze Weg hin zur Klimagerechtigkeit ist einfach verdammt mühsam. Das Problem so riesig, große Goliaths, die dem Interesse von Klimagerechtigkeit aktiv entgegenhandeln und politische Akteur*innen, die diesen unterliegen.
Auch im persönlichen Leben ist ein an Klimagerechtigkeit ausgerichtetes Leben anstrengend. Ich will auch eigentlich nicht bei 36 Grad auf das Eis verzichten, weil es nicht vegan ist. Ich weiß auch nicht, wen ich wählen soll, weil ich mich grundsätzlich im Stich gelassen fühle. Ich habe die immer gleichen Gespräche satt, das Gefühl, das Ganze ist nur „mein Thema“, das andere nichts angeht. 

Also, wenn es dir auch so geht: Sehr verständlich!

 

Und trotzdem:
Ich will nicht, dass diese Gefühle grundlegend mein Leben bestimmen.
Sie sind da und okay und wir dürfen auch einfach müde und überfordert sein nach dem Nachrichtenschauen oder bei 40 Grad.
Und: Klimadepression ist eine reale Sache und viel mehr als eine Manchmal-Müdigkeit. Bitte nimm dich ernst und auch Hilfesuchen ist kein Zeichen von Schwäche, im Gegenteil! 

 

Gleichzeitig machen mich persönlich die 40 Grad wütend und das belebt! Es ist mein Recht, von politischer Seite davor beschützt zu werden.
Es ist die verfassungsrechtlich verankerte Aufgabe unserer Regierung, für eine lebenswerte Gegenwart und Zukunft für alle zu sorgen.
Es ist die Aufgabe von Journalist*innen, die vielen „Jahrhunderthochwasser“ dieser Jahre in einen Zusammenhang mit der Klimakrise zu stellen und einem Markus Söder, der sich als Held der Nation in Gummistiefeln präsentiert, während die Politik seiner eigenen Partei Klimaschutz populistisch untergräbt, auf die Nase zu hauen! 

 

Was ich hier sagen will: Klimaschutz ist ein Menschenrecht, auch deins!

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte macht das Ganze einklagbar und das sollte auch uns ermutigen – wir stehen mit unseren Forderungen nach Klimagerechtigkeit auf der richtigen Seite. 

 

Es ist nicht okay, dass es jetzt so ist, wie es ist. 

 

Es ist unsere Demokratie und unser Leben. Beides ist einfach zu wertvoll. 

Tabea Schünemann

 

Europa

Europa

EUROPA

GASTBEITRAG von Pia Hoppe

Europa, ein Zusammenschluss aus Kulturen und Nationen,

Doch heute brechen alte Geister durch unsere Illusionen.

Rechtsdruck – ein beklemmender Wind, der über unseren Kontinent fegt,

Ein unheimliches Déjà-vu, das uns an dunkle Zeiten erinnert, das nie vergeht.

 

Sylt, 2024 – ein Video, das viral ging,

Ein Symbol für das, was tief in vielen Herzen drang.

Menschenmassen, aufgebrachte Rufe, der Hass kocht hoch,

Ein einstiges Urlaubsparadies, jetzt ein Schauplatz für fremdenfeindlichen Fluch.

 

Was treibt diese Welle? Was entfacht diesen Zorn?

Ist es Angst vor dem Unbekannten?

1933 – die Lehren sind uns bekannt,

Doch die Geschichte scheint aus jetziger Sicht vergessen, verblasst und wiederholbar.

 

Damals wie heute – wirtschaftliche Not,

Ein Nährboden für Populismus, der von Hass und Angst lebt, groß und rot.

Arbeitslosigkeit, Inflation – die Kluft wird tiefer,

Die Reichen werden reicher, die Armen hoffen auf das Mindeste, doch wird es das durch rechtspopulistische Politik je wieder?

 

Doch was vergessen wir in diesem Tumult?

Dass wir alle auf einem Planeten leben, der vor unserer eigenen Ignoranz schmilzt.

Klimagerechtigkeit – ein Begriff, der Hoffnung verspricht,

Doch im Lärm des Hasses, verschwindet er aus dem Licht.

 

Unsere Wälder brennen, die Meere steigen,

Während Politiker sich in leeren Versprechungen verzweigen.

Ein Kind schreit in den Fluten, ein Bauer steht auf verbrannter Erde,

Und wir diskutieren über Grenzen, während die Zukunft verblüht.

 

1933 – ein Mahnmal, das hallt,

Doch statt zu lernen, verlieren wir uns im alten Wald.

Wälder der Ideologie, des Hasses und der Angst,

Während unser Planet stöhnt und nach unserer Rettung verlangt.

 

Die Rechten reden von nationaler Glorie, einer Rückkehr zur Pracht,

Doch was wir brauchen, ist globaler Zusammenhalt.

Eine Gemeinschaft, stark und geeint,

Die sich den wahren Herausforderungen stellt und nicht nur Augen schließend zurückschreitet.

 

Sylt, 2024 – ein Weckruf, ein Zeichen,

Dass wir nicht zurücklehnen dürfen, das wäre ein Verbrechen.

Die Geister der Vergangenheit klopfen an unsere Tür,

Doch unsere Antwort muss lauter sein – für die Zukunft, nicht nur dafür.

Für die zahlreichen Opfer. Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart. Für jeden, dem der Gedanke, an die Zukunft seiner Kinder am Herzen lag.

 

Doch ich sehe nicht nur den Hass, ich sehe auch das Licht.

Das Licht seid ihr, fürchtet euch nicht.

Stehen wir gemeinsam auf für Demokratie, Klimaschutz und ein faires Leben.

Gegen den Rechtsruck, Hass und den Klimawandel

Denn wenn wir nichts zu tun, dann wird es das nie geben.

Pia Hoppe

 

 

Illustrationsvorlage Europa von eiz-rostock

 

WORUM ES GEHT

WORUM ES GEHT

Worum es geht

oder: Die Frage nach dem guten Leben

von TABEA SCHÜNEMANN

Diesen Sommer wurde die Initiative klimagerecht Leben zwei Jahre alt!
Dies war ein Tag des Rückblicks, des Staunens und Sich-Freuens über das, was bisher geschah. Ich bin fast seit Anfang an dabei und immer wieder dankbar dafür, dass wir uns so „gefunden“ haben.
Das Kennenlernen von Roland und der Initiative bedeutet mir sehr viel, da es mich auch persönlich sehr bereichert, Teil davon zu sein.
Ich bin dadurch neu ins Nachdenken und Handeln gekommen und immer wieder sehr inspiriert von meinen Mitstreiter*innen!
Danke an euch für euer ganzes Engagement!!!
Das Schreiben im Blog bringt mich dazu, meine Gedanken auch wirklich aufs Papier zu bringen und zu Ende zu denken.
Bei gemeinsamen Aktionen oder Planungstreffen mache ich immer wieder die schöne Erfahrung, gemeinsam an dem zu arbeiten, wofür mein Herz schlägt.
Wir sind miteinander verbunden, von Bergisch-Gladbach bis Heidelberg und darüber hinaus.
In den Klimatalks fühle ich diese Verbundenheit von klimabewegten Menschen sehr stark, ich spüre: Ich bin nicht allein und:
Ich kann was bewegen, ich kann Menschen zusammenbringen;
wir ermutigen uns gegenseitig und fordern uns heraus. 

 

Das Unterschreiben des Vertrags hat mich persönlich dazu bewegt, dem Thema Klimagerechtigkeit wieder mehr konsequent Gewicht in meinem Leben zu geben (auch wenn das nicht heißt, dass ich immer alles richtig mache, darum geht’s auch nicht).
Es lässt mich mich selbst als politisches Wesen begreifen, das sich in seiner Individualität in Gesellschaft und Politik einbringen kann und sollte. 

 

Damit sind wir bei dem, was mich an der Initiative klimagerecht Leben am meisten berührt und bewegt: 

 

Sie stellt eine Frage, die – einmal zu Ende gedacht – in ihrer transformatorischen, weltbewegenden, alles-auf-den-Kopf-stellenden Kraft nicht zu unterschätzen ist.

 

Die Frage:
Wie wollen wir eigentlich leben?

 

Wir stellen diese Frage an das persönliche Leben, an jede*n einzelne*n von uns durch den „Vertrag mit Dir selbst“.
Dieser ist schriftlicher und öffentlicher Ausdruck davon, dass mir und dir Klimagerechtigkeit so wichtig ist, dass es im eigenen Leben sichtbar werden soll. Als Ideal, natürlich. Es geht schließlich um eine Vision eines guten Lebens.
Wir glauben, dass dieses gute Leben ein gutes Leben für alle bedeutet.
Ein Leben, das Reichtum nicht an Geld misst, sondern an der Fähigkeit, Mensch zu sein. 

 

Da wir nicht nur als Individuen aneinander vorbeileben und als Einzelne nicht alles ändern können, stellen wir diese Frage auch an uns als Gesellschaft.

 

Dazu gehört die Frage, wer dieses Wir überhaupt sein soll und wen wir meinen, wenn wir das sagen.
Wir Deutschen? Wohl kaum.
Wir Menschen? Ja.
Wir verstehen unsere Welt als unser Zuhause, in dem alles mit allen verbunden ist.
Diese Verhältnisse sind aber noch sehr im Ungleichgewicht anhand verschiedener Kategorien. 

 

Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist in meinen Augen so großartig, weil sie ganz praktisch und konkret von einer Welt träumt, in der es dieses Ungleichgewicht nicht mehr gibt. Weil die Trennlinien Quatsch sind und nur der Machterhaltung und Bereicherung einiger Weniger dienen.
Dass ich selbst in vielerlei Hinsicht auch dazu gehöre, macht Selbstkritik, Zuhören und Teilen notwendig. 

 

Sobald wir erkennen, dass das Ungleichgewicht zwischen beispielsweise Geschlechtern usw. kein Naturgesetz ist, sehen wir, dass es deswegen auch veränderbar ist! Oder wie FFF ruft: „Another world is possible!“

 

Der Ansatz der Initiative ist: Wir leben das „einfach“ schonmal.
Dabei kommen wir immer wieder an Grenzen.
Deswegen ist es wichtig, diese andere Welt auch von denjenigen lautstark zu fordern, die an den Hebeln der Macht sitzen und zu nerven, nerven, nerven, bis wir gehört werden. 

 

Fordern, was wir leben und leben, was wir fordern.
Das ist der Grundsatz und beides kann nicht gegeneinander ausgespielt werden. 

 

Ich finde es unglaublich mutig, weil ich weiß, wie anstrengend es sein kann und wie groß die Widerstände sind.
Es geht um tiefe, grundlegende Strukturen, die aufgebrochen werden sollen. Das Patriarchat zum Beispiel. Oder koloniale Strukturen. Oder ein Wirtschaftssystem, das Profit über Menschen stellt.
Aber der Gedanke ist:
Kleine Schritte feiern und große Schritte gehen. 

 

Damit sind wir Teil einer globalen Bewegung, die nicht Geringeres möchte als eine Transformation der Welt. In jederlei Hinsicht.
Nicht nur, weil die Klimakrise wirklich unsere Lebensgrundlage bedroht und wir die Verantwortung dafür tragen. Sondern weil wir auf dem Weg der Frage nach dem guten Leben so viel gewinnen können.
Die Bewegung sagt: Wir gehen dann schonmal vor, ja? Ihr könnt dann einfach hinterherkommen.

 

Was kann es Schöneres, Bedeutsameres geben, als Teil davon zu sein? 

 

 

Tabea Schünemann

 

 

Die Zeit der Verluste

Die Zeit der Verluste

Die Zeit der Verluste

 

Tabea Schünemann

Ich sitze im Zug und lese über das, was Daniel Schreiber unsere „Zeit der Verluste“ nennt. In der Bahnhofsbuchhandlung hatte dieses Buch mich förmlich angesprungen. Denn das ist das, was mein Leben im Moment oft bezeichnet: Unterwegssein und in Bahnhofsbuchhandlungen Trost für mein unstetiges Leben suchen. Diese Mal also in einem Buch mit buntem Umschlag und wenigen Seiten, die aber auf treffende Weise dem Ausdruck verleihen, was ich nicht ausdrücken kann. Dem Worte geben, für das es keine Worte gibt. Einen Umgang mit Gefühlen, für die wir keinen Umgang haben: Trauer und Verlust.

Wir alle verlieren die ganze Zeit irgendetwas.

Zur Zeit: Meine Oma ihre Erinnerungen, ihre Orientierung, ihre Selbstbestimmtheit. Mein Vater seine selbstbestimmte Mutter. Ich einen Vater, der scheinbar durch nichts zu erschüttern war. Unsere Gesellschaft ihr Gefühl von Sicherheit und Unverletzbarkeit. Der Mensch sein Gefühl des Unberührtseins von der Natur. Wir erfahren, dass Werte wie Frieden und Demokratie angreifbar sind und die Würde des Menschen sehr wohl antastbar. Wir verlieren das Gefühl, von dem allen nicht angetastet zu sein. Die junge Generation verliert das, von dem wir dachten, dass es Jungsein ausmacht: Leichtigkeit und das Gefühl, unsterblich und unbesiegbar zu sein. Die anderen Generationen verlieren ihre Gewissheit, nicht alles, aber es doch für uns besser gemacht zu haben. Wir verlieren die Erzählung von Fortschritt und endlosem Wachstum. Davon, dass immer alles besser wird und es nur einen Weg gibt: den nach oben. Wir erfahren unsere Begrenzungen. Ich verliere die Gewissheit, alles kontrollieren zu können, wenn ich mich nur genug anstrenge. Ich verliere Vorstellungen von meinem Leben und mir selbst. Ich verliere Menschen und Orte, von denen ich dachte, dass sie für immer oder noch lange zu mir gehören würden.

Das alles tut verdammt weh. Ich glaube, das ist meine Botschaft hier, wenn ich überhaupt eine habe: Veränderungen geht nicht ohne Verlust und Schmerz. Ich verstehe, dass niemand auf etwas verzichten will. Dass man unangenehmen Dingen aus dem Weg gehen will, weil sie, nun ja, unangenehm sind. Aber wenn wir gesellschaftliche Veränderung hin zu einem klimagerechten Leben wollen, müssen wir vielleicht wie eine Ärztin bei der Impfung zugeben: Das wird jetzt kurz wehtun. Wir werden Dinge verlieren und aufgeben müssen. Zum Beispiel: Das Ideal eines guten Lebens, das sich dadurch zeigt, möglichst viel von der Welt gesehen zu haben. Oder möglichst viel zu besitzen. Einen Freiheitsbegriff, der Freiheit so versteht, immer alles machen und bekommen zu können. Das Gefühl, uns das alles ja verdient zu haben.

Gleichzeitig gibt es innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung einen Teil, der das betont, was wir gewinnen können. Oder auch, worauf wir jetzt schon verzichten. Und: worauf andere die ganze Zeit schon verzichten, damit wir es so gut haben, wie wir es haben. Dass dieser Wohlstand hier nur durch den „Übelstand“ dort überhaupt zu erreichen und zu halten ist. 

Was wir gewinnen können: Gesundheit, Gerechtigkeit, Selbstwirksamkeit, Gemeinschaft, Freiheit von Stress, Angst und Leistungsdruck, Städte, die für uns gebaut sind, kurz: Luft zum Atmen, wörtlich und metaphorisch.

Trotzdem finde ich es wichtig, das Gefühl von Verlust, das sich bei alldem erst einmal einstellt, nicht direkt wegwischen zu wollen.
Menschen zuzuhören und ihre Verlustängste ernst zunehmen ohne, dass man dadurch aufhört, Klimagerechtigkeit zu fordern und zu leben.
Das wünsche ich mir von der Politik und von uns allen.

Tabea Schünemann

 

Drei bittere Wahrheiten zur Klima-Anpassung

Drei bittere Wahrheiten zur Klima-Anpassung

Drei bittere Wahrheiten zur Klima-Anpassung

 

Roland Vossebrecker

Da in absehbarer Zeit die 1,5°-Grad-Grenze überschritten werden wird, macht ein neuer Begriff in der Klimadebatte die Runde: Anpassung.

Dazu drei bittere Wahrheiten:

Klima-Anpassung ist nötig

Keine Frage, natürlich ist sie nötig. Staaten und Regierungen sind in der Verantwortung, ihre Bürger*innen zu schützen, auch gegen die Folgen des Klimawandels. Städte müssen gegen Hitze gewappnet werden, mit Grünanlagen, mit öffentlichen Kühlräumen und Trinkwasser-Spendern. Dämme müssen gegen steigende Meeresspiegel erhöht werden, Wälder durch andere und diversere Baumarten resilient gemacht werden u.v.a.m.

Die heraufziehende Gefahr sollte man nicht unterschätzen, denn die Katastrophen werden kommen, immer häufiger, immer heftiger. Eine vorsorgende Risiko-Planung ist da unabdingbar. Und das wird richtig teuer!

Klima-Anpassung ist das Eingestehen des Scheiterns

Denn die Anpassung an die neue Klimarealität ist nötig, weil die Menschheit beim Verhindern des Klimawandels versagt hat. Die nun für die Anpassung notwendigen finanziellen Mittel wären für die Verhinderung der Klimakatastrophe besser investiert gewesen. Was bleibt ist, mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln die Katastrophe einzudämmen. Es bleibt, um jedes Zehntel, um jedes Hundertstel Grad zu kämpfen.

Denn immer noch gilt: Die Vermeidung des Schlimmsten ist viel günstiger als die Katastrophe selbst. Und diese wird nicht nur in € und $ bezahlt, sondern mit Menschenleben.

Klima-Anpassung ist ungerecht

Während Deutschland es sich leisten kann (bei allen aktuellen haushaltspolitischen Engpässen) in Klimaanpassung und in die Beseitigung der Schäden zu investieren, haben die meisten Länder des Globalen Südens diese Möglichkeiten nicht, obwohl sie noch viel heftiger von den Katastrophen betroffen sind. Wie soll Somalia auf die verheerenden Fluten reagieren, die das arme Land nach Jahren einer verheerenden Dürre trafen? Was kann ein Bürgerkriegsland wie Libyen ausrichten nach einem Sturm, der im September ca. 20.000 Menschenleben forderte und die Stadt Darna fast vollständig verwüstete? Und wer redet überhaupt noch über diese Ereignisse – und wer hilft?

So bitter nötig, wie die Klima-Anpassung auch ist: Sie vergrößert globale Ungerechtigkeiten ins Unerträgliche.

 

Da bleibt die Frage: Wie passen wir, Du und ich, uns an?

Einmal mehr sollten wir uns bewusst machen, in was für einer privilegierten Situation wir leben. Die Bedrohungen sind für uns (noch!) relativ moderat. Von Hungersnöten oder Hurrikans sind wir nicht bedroht. Aber wir sollten sensibel sein, besonders in Hitzewellen und Extremwetter-Ereignissen und den besonders empfindlichen und verletzlichen Menschen beistehen.

An die Politik gerichtet muss die Forderung lauten, gemäß dem Verursacher-Prinzip die betroffenen Ländern des Globalen Südens zu unterstützen. Das ist keine Frage von Wohltätigkeit, sondern von Fairness.

Und wie immer sollten wir das, was wir fordern auch leben: Wir müssen immer wieder unsere Fähigkeit zur Solidarität schärfen und unseren Wohlstand mit jenen teilen, die tödlich bedroht sind und sich Anpassung nicht leisten können.

Roland Vossebrecker