
Der Klima-König
von Tabea Schünemann
Ein halb-ausgedachtes Märchen.
Es war einmal ein König, der herrschte über ein großes Königreich. Viele Menschen lebten dort. Der König selbst wohnte in einer großen Stadt. Die Stadt lag an einem Fluss und immer, wenn es regnete, trat das Wasser über die Ufer. Die Menschen in der Stadt schützten sich und bauten Dämme aus Holz, damit kein Wasser in die Stadt kam. Der König lebte auf einem Hügel, am höchsten Punkt der Stadt. Ihn konnte kein Wasser erreichen. Trotzdem hatte der König oft kalte Füße. Deswegen ließ er einen großen Kamin in sein Schloss bauen, an dem er seine Füße wärmen konnte. Dafür musste aber Holz verbrannt werden. Also ließ er Bäume fällen und das Holz verbrennen. Das Feuer wärmte seine Füße und er war sehr zufrieden.
Eines Tages war der König in der Bibliothek in seinem Schloss. Hier gab es keinen Kamin, also hatte er wieder kalte Füße. „Ich werde hier auch einen Kamin hinbauen lassen“, sagte der König zu sich selbst. Dann aber hatte er eine noch bessere Idee. Er rief seinen Diener zu sich und sagte: „Diener, ich will in jedem Zimmer des Schlosses einen Kamin haben, in dem immer Feuer brennt, damit ich nie kalte Füße habe, egal, wo ich hingehe!“
Also bekam er in jedes Zimmer einen gemütlichen, wärmenden Kamin gebaut, er war schließlich der König und Könige bekommen alles, was sie wollen, das weiß ja jedes Kind. Das Schloss hatte viele Zimmer, genauer gesagt 323 Zimmer. Es dauerte lange, bis in jedem Zimmer ein Kamin war. Damit überall die ganze Zeit ein wärmendes Feuer war, mussten viele Bäume abgeholzt werden. Schließlich war der ganze Wald um die Stadt herum in den Kaminen des Königs verbrannt worden. Da wurde der König wütend, weil ihm wieder kalt wurde. Er sagte zu seinen Dienern: „Geht bis in alle Enden des Königreichs und holt alles Holz her, was ihr könnt, meine Füße sind kalt!“ Die Diener schickten Arbeiter los, die alle Wälder des Königreichs abholzten. Schließlich verbrannten sie sogar die Baumstämme, aus denen der Damm in der Stadt gebaut war.
Da kam eines Tages wieder ein großer Regen. Der König hatte Angst, dass nun auch sein Schloss überflutet wird, weil es keinen Damm vor der Stadt mehr gab. Also befahl er, ein weiteres Schloss auf einen noch höheren Hügel zu bauen, den kein Wasser erreichen konnte. Ohne die vielen Bäume im Königreich veränderte sich aber die Luft und es regnete immer mehr und mehr. Die Menschen in den Städten waren verzweifelt, viele ertranken oder verloren in den Fluten alles, was sie hatten. „Warum interessiert das den König nicht?“ riefen sie. Der König aber war damit beschäftigt, wieder ein neues Schloss auf einem neuen Hügel zu bauen, weil auch sein altes Schloss von den Fluten überschwemmt wurde. So ging es immer weiter. Die Menschen flohen aus dem Königreich in andere Länder aus Angst vor dem Wasser. Dort regierten aber böse Könige, die sie wieder zurückschickten. Irgendwann rief eine mutige Frau: „Kommt, wir gehen zum Schloss des Königs, dort sind wir sicher!“ Also machten sie sich auf, zum Schloss des Königs. Sie liefen Tag und Nacht, bis sie den hohen Berg erreichten, auf dem der König nun wohnte. Als sie vor der Tür waren, fing es wieder schrecklich an zu regnen und bald war keine Kirchturmspitze mehr zu sehen. Der König wollte die Menschen nicht hereinlassen, obwohl sie klopften und schrien. „Es ist die Schuld des Königs, weil er uns unsere Dämme genommen hat und die Wälder zerstört hat!“ Der König wusste insgeheim, dass sie recht hatten, doch er war sehr stolz und hochmütig. Irgendwann, es war schon mitten in der Nacht, wachte die Prinzessin aus ihrem Schönheitsschlaf. Der Lärm vor der Tür hatte sie geweckt. Sie fragte ihren Diener: „Was ist hier los, warum schreien die Menschen so?“ „Sie wollen herein, weil es draußen regnet“ „Dann sollen sie hereinkommen!“, rief die Prinzessin und eilte in Pantoffeln zur Tür. Als sie die nassen und verzweifelten Menschen sah, wurde ihr ganz warm ums Herz und sie rief: „Kommt alle herein!“ Alle kamen sie herein und hinterließen ganze Pfützen auf dem königlichen Fußboden. Die Prinzessin gab ihnen ihre Kleider und warme Suppe. Der König aber traute sich nicht aus seinem Schlafzimmer heraus, da es ihm leidtat, was er getan hatte. Und dort blieb er, einsam und allein, bis an sein Lebensende.
Die Prinzessin aber heiratete die mutige Frau, die die Menschen zum Schloss gebracht hatte und sie lebten gemeinsam im Schloss. Und wenn sie nicht doch noch vom Wasser eingeholt worden sind, dann leben sie noch heute.
Tabea Schünemann
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