Drei bittere Wahrheiten zur Klima-Anpassung

 

Roland Vossebrecker

Da in absehbarer Zeit die 1,5°-Grad-Grenze überschritten werden wird, macht ein neuer Begriff in der Klimadebatte die Runde: Anpassung.

Dazu drei bittere Wahrheiten:

Klima-Anpassung ist nötig

Keine Frage, natürlich ist sie nötig. Staaten und Regierungen sind in der Verantwortung, ihre Bürger*innen zu schützen, auch gegen die Folgen des Klimawandels. Städte müssen gegen Hitze gewappnet werden, mit Grünanlagen, mit öffentlichen Kühlräumen und Trinkwasser-Spendern. Dämme müssen gegen steigende Meeresspiegel erhöht werden, Wälder durch andere und diversere Baumarten resilient gemacht werden u.v.a.m.

Die heraufziehende Gefahr sollte man nicht unterschätzen, denn die Katastrophen werden kommen, immer häufiger, immer heftiger. Eine vorsorgende Risiko-Planung ist da unabdingbar. Und das wird richtig teuer!

Klima-Anpassung ist das Eingestehen des Scheiterns

Denn die Anpassung an die neue Klimarealität ist nötig, weil die Menschheit beim Verhindern des Klimawandels versagt hat. Die nun für die Anpassung notwendigen finanziellen Mittel wären für die Verhinderung der Klimakatastrophe besser investiert gewesen. Was bleibt ist, mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln die Katastrophe einzudämmen. Es bleibt, um jedes Zehntel, um jedes Hundertstel Grad zu kämpfen.

Denn immer noch gilt: Die Vermeidung des Schlimmsten ist viel günstiger als die Katastrophe selbst. Und diese wird nicht nur in € und $ bezahlt, sondern mit Menschenleben.

Klima-Anpassung ist ungerecht

Während Deutschland es sich leisten kann (bei allen aktuellen haushaltspolitischen Engpässen) in Klimaanpassung und in die Beseitigung der Schäden zu investieren, haben die meisten Länder des Globalen Südens diese Möglichkeiten nicht, obwohl sie noch viel heftiger von den Katastrophen betroffen sind. Wie soll Somalia auf die verheerenden Fluten reagieren, die das arme Land nach Jahren einer verheerenden Dürre trafen? Was kann ein Bürgerkriegsland wie Libyen ausrichten nach einem Sturm, der im September ca. 20.000 Menschenleben forderte und die Stadt Darna fast vollständig verwüstete? Und wer redet überhaupt noch über diese Ereignisse – und wer hilft?

So bitter nötig, wie die Klima-Anpassung auch ist: Sie vergrößert globale Ungerechtigkeiten ins Unerträgliche.

 

Da bleibt die Frage: Wie passen wir, Du und ich, uns an?

Einmal mehr sollten wir uns bewusst machen, in was für einer privilegierten Situation wir leben. Die Bedrohungen sind für uns (noch!) relativ moderat. Von Hungersnöten oder Hurrikans sind wir nicht bedroht. Aber wir sollten sensibel sein, besonders in Hitzewellen und Extremwetter-Ereignissen und den besonders empfindlichen und verletzlichen Menschen beistehen.

An die Politik gerichtet muss die Forderung lauten, gemäß dem Verursacher-Prinzip die betroffenen Ländern des Globalen Südens zu unterstützen. Das ist keine Frage von Wohltätigkeit, sondern von Fairness.

Und wie immer sollten wir das, was wir fordern auch leben: Wir müssen immer wieder unsere Fähigkeit zur Solidarität schärfen und unseren Wohlstand mit jenen teilen, die tödlich bedroht sind und sich Anpassung nicht leisten können.

Roland Vossebrecker

 

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