Die Ungerechtigkeit hinter den CO2-Budgets

von Simon Käsbach

Die Ungerechtigkeit hinter den CO2-Budgets

Ihr kennt sicherlich die CO2-Budgets, die angeben, wie viel Kohlenstoffdioxid ein Land noch ausstoßen darf, um eine bestimmte Grenze der Erderwärmung nicht zu überschreiten. Dies scheint ein sinnvoller Ansatz zu sein, doch in diesen Budgets steckt eine große Ungerechtigkeit. 

Die Berechnung des deutschen CO2-Budgets beruht nämlich auf der Annahme, dass alle Menschen in allen Ländern weltweit gleich viele Treibhausgase ausstoßen dürfen. Um eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit auf das 1,5°-Grad-Limit zu haben, dürfte Deutschland demnach noch 3,1 Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen. 

Und warum ist das ungerecht? 

Es ist bekanntlich so, dass nicht alle Menschen auf der Welt früher und heute gleich viele Treibhausgase ausgestoßen haben. Die reichen Industriestaaten des Globalen Nordens haben bis heute etwa 92 % der verursachten Emissionen zu verantworten. Der Globale Süden, also Afrika, weite Teile Asiens und Südamerikas, ist insgesamt demnach für nur 8 % verantwortlich. Also verursachen auch die Menschen, die in diesen Teilen der Erde leben, mehr oder weniger Emissionen, je nach ihrem Lebensstil. Ein Mensch in Malawi, eines der ärmsten Länder weltweit, verantwortet im Durchschnitt nur 0,1 Tonnen Treibhausgase im Jahr, ein*e Deutsche*r jedoch durchschnittlich etwa 8 Tonnen. 

Bei CO2-Budgets vorauszusetzen, jeder Mensch dürfe noch gleich viel ausstoßen, ist also nicht nur unfair, sondern im Kern rassistisch und neokolonial. Denn meist sind es eben arme und von Diskriminierung betroffene Menschen, die zwar einen niedrigen CO2-Fußabdruck haben, aber am meisten unter der Klimakrise leiden. 

An diesem Beispiel sieht man klar, dass Rassismus und Neokolonialismus immer noch fest in unseren westlichen Denkstrukturen verankert sind. Es wird in vielen Bereichen der Medien, der Politik, aber auch bei NGOs ganz selbstverständlich mit diesen Budgets gearbeitet und argumentiert. 

Bei einer wirklich fairen CO2-Budget-Berechnung, die historische Verantwortung mit einbezieht, dürften z.B. Deutschland oder die USA im Grunde gar keine Emissionen mehr ausstoßen, sondern müssten sogar negative Emissionen verzeichnen.  

Alle Budget-Rechnungen können nur auf Schätzungen beruhen, da wir das Erdsystem nicht umfassend und gut genug verstehen, um uns darauf zu verlassen. Dennoch wird offensichtlich, dass es nicht sein kann, dass Klimaschutz auf der Grundlage solch ungerechter Budgets gemacht wird. Deutschland zieht sich mit dieser problematischen Berechnung ein Stück mehr aus seiner globalen Verantwortung. Wenn KlimaGerechtigkeit nicht konsequent mitgedacht wird, dann wird selbst Klimaschutz rassistisch und neokolonial. 

Es darf nicht sein, dass Länder des Globalen Nordens die Klimakrise erst verursachen und dann nicht bereit sind, ausreichende und wirklich gerechte Maßnahmen vorzulegen. Zudem muss auch das Recht auf Entwicklung berücksichtigt werden, denn Länder, die bislang wegen Ausbeutung oder anderen Faktoren nicht die Möglichkeit hatten, sich so stark zu entwickeln wie Länder des Globalen Nordens, haben ein Recht darauf, sich nachhaltig und wohlständig zu entwickeln. 

Eigentlich ist es ganz einfach: 

Wer mehr Verantwortung für die Verursachung der Klimakrise trägt, ist jetzt in der Pflicht, mehr Klimaschutz zu betreiben und klimagerechte Maßnahmen vorzulegen.

 

Wir sollten bestimmte CO2 Budgets also immer kritisch hinterfragen. Auf welcher Grundlage wurde das Budget erstellt? Wurde die historische Perspektive berücksichtigt? Liegt ein global gerechter Ansatz zugrunde?

Wir müssen in allen Bereichen kommunizieren, dass das Budget von Deutschland in der jetzigen Form maßlos ungerecht, und unser aktuelles Tempo beim Klimaschutz absolut nicht hinnehmbar ist. Es braucht eine Budgetberechnung, welche auf Grundlage von Gerechtigkeitsaspekten gemacht ist. 

Länder des Globalen Nordens haben die Mittel, weitreichenden Klimaschutz zu betreiben. Dieser Aspekt ist grundlegend für die KlimaGerechtigkeit!
Denn wir im Globalen Norden haben meist auch die Privilegien, uns frei äußern zu können und uns zu engagieren. Also lasst uns diese Privilegien nutzen, um für eine gerechte Welt zu kämpfen!

Die globale Verantwortung muss endlich ernst genommen und eingefordert werden. 

Von uns. 

Simon Käsbach

 

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