KLIMAKOMMUNIKATION

KLIMAKOMMUNIKATION

Let`s talk about climate change!

aber wie?

von Tabea Schünemann

Ja, die Klimakrise ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit und es gibt immer mehr Menschen, denen das bewusst ist. Es ist auch klar, dass wir als Gesellschaft darüber eigentlich viel mehr miteinander reden sollten! 

Denn:

“Wer etwas gegen den Klimawandel tun möchte, der könnte ganz einfach öfter mit Freunden oder Familienmitgliedern über das Thema reden”

Doch wer schon einmal eine frustrierende Erfahrung damit gemacht hat, weiß: Das ist gar nicht so einfach, oft super anstrengend und bringt gefühlt nichts! Also: lieber lassen? Man will ja auch nicht die nervige Veganerin sein, die allen die Grillparty versaut mit ihrem Maiskolben, ihrer moralischen Arroganz und den bad news vom Weltuntergang. Will ich auch nicht.

Aber: Wenn wir wollen, dass das Klimathema immer mehr ins Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit rückt, müssen wir es dahin bringen, indem wir darüber reden. Nur vielleicht anders als bisher? Die gute Nachricht ist: (Klima-)Kommunikation lässt sich lernen!

Darüber haben sich schon viele schlaue Menschen Gedanken gemacht und deswegen ist dieser Artikel vor allem eine Einladung, sich mit dem Thema weiter zu beschäftigen. Meine persönliche Empfehlung ist das Handbuch von klimafakten.de, das es auch als reader oder podcast gibt.

Dort geht es zunächst einmal darum, sich klarzumachen, was bisher schief gelaufen ist und was die Hindernisse sind, denen wir begegnen, um daraus Strategien für gute Kommunikation zu entwickeln. Ich habe euch meine bisher wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:

 

Erkenntnis Nr. 1: Mehr Wissen führt nicht automatisch zu einer Verhaltensänderung

Wir wissen ja schon lange vom Klimawandel und was man dagegen tun müsste. Trotzdem ist eine grundlegende Verhaltensänderung nicht zu beobachten. Lange wurde aber in der Kommunikation allein auf die Wissensvermittlung gesetzt. Sie ist auch nach wie vor sehr wichtig, keine Frage, besonders in Zeiten von fake news und bewussten Strategien des Klimawandelleugnens.

Aber wir Menschen brauchen scheinbar mehr als Zahlen und Fakten, um in die Reflexion und Änderung unseres Lebens zu kommen. Dabei geht es um Gefühle, Werte, aber auch den sozialen Kontext und deren Normen, die es zu beachten gilt.

 

Erkenntnis Nr. 2: Es gibt eine ganze Reihe psychologischer Hindernisse, die eine Verhaltensänderung erschweren

Dazu gehört, dass sich Menschen noch in emotionaler Distanz zur Krise befinden, sei es zeitlich („ein Problem für die Zukunft“), räumlich („Klimawandel findet woanders statt“) und sozial („meine Liebsten und ich sind nicht betroffen“). Außerdem bewerten Menschen einen gegenwärtigen scheinbaren Verlust schwerer als einen möglichen zukünftigen Gewinn. Bei der Klimakrise gilt aber beides: Wir müssen jetzt etwas ändern (und haben dabei Verlustängste), damit es uns scheinbar erst in der Zukunft besser geht.

 

Erkenntnis Nr. 3: Es gibt Gegenstrategien für diese Hindernisse, die sich lernen lassen

  • So kommt es bei guter (Klima-)Kommunikation darauf an, den Hintergrund und die Werte des Gegenübers zu kennen und sich auf das jeweilige Publikum einzustellen. Wer redet mit wem? Gibt es gemeinsame Werte, auf die ich aufbauen kann?
  • Es braucht eine Vielfalt an Klimakommunikator*innen, zu denen möglichst viele und jeweils verschiedene gesellschaftliche Gruppen Vertrauen haben. Emotionen, das Aufzeigen der eigenen Verletzlichkeit sowie Zuhören und Zugewandtheit können dies stärken.
  • Die richtigen Worte sind entscheidend. Die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise dürfen und sollten in aller Deutlichkeit benannt werden, jedoch nicht ohne konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
  • Beim Thema Wortwahl gilt es auch das framing, also die möglichen Assoziationen und dahinterliegenden Bedeutungen zu bedenken. So habe auch ich mir mittlerweile angewöhnt, von Klimakrise, statt Klimawandel zu sprechen, weil es die Situation als angemessen krisenhaft bewertet. Worte sind mächtig.
  • Letztlich geht es um die Geschichten, die wir uns erzählen. Wird ein Hitzesommer in Deutschland in Zusammenhang mit der Krise gebracht oder nicht? Während ich tippe, wütet ein Unwetter mit Sturmböen, Gewitter und Starkregen vor meinem Fenster. In Baden-Württemberg. Bei uns. Darum geht es: Menschen zu zeigen, dass die Klimakrise längst da ist, auch bei uns.

 

Es geht darum, diese und weitere Strategien zu lernen, um positivere Erfahrungen mit den Gesprächen über das Klimathema zu machen. Die meisten Menschen in Deutschland halten das Thema für wichtig. Das Ziel ist, einen gesellschaftlichen Trend zu setzen, der es auf Punkt eins der politischen Tagesordnungspunkte setzt.

Dabei sollte man nicht nur auf das Individuum schauen. Das Ganze bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Je akzeptierter klimagerechtes Leben gesellschaftlich ist, desto mehr Menschen werden sich anschließen.

Das ist die Vision unserer Initiative:
Einen sozialen Kipppunkt zu erreichen, nach dem klimagerechtes Leben die neue Norm ist. Denn Menschen richten sich immer nach dem sozialen Umfeld. Die Angst vor Ablehnung ist oftmals der Grund für die sogenannte „Schweigespirale“ – also, dass Menschen nicht über das Thema sprechen, obwohl es ihnen wichtig ist. Diese gilt es zu durchbrechen und dafür ist es wichtig, sich mit anderen Menschen zusammenzutun. Das Ganze ist kein Einzelkampf und leider auch kein kurzer Sprint. Aber nichts ist schöner, als Selbstwirksamkeit zu erfahren und sich mit anderen zu verbinden.

Von Seiten unserer Initiative ist aus diesem Anliegen heraus der offene Klimatalk in Heidelberg und Bergisch-Gladbach entstanden. Termine sind auf der Website, auf Instagram oder im Newsletter zu finden. Schau gerne mal vorbei oder such/gründe dir etwas Ähnliches in deiner Umgebung! Ich persönlich finde es total ermutigend, mich mit Menschen auszutauschen, die mit dem Thema auch irgendwie (und vielleicht ganz anders) auf dem Weg sind. Werbung Ende 😊

 

Wir alle sind Klimakommunikator*innen und mit dem richtigen Handwerkszeug lässt sich vielleicht der Frust und das Schweigen in lebendige, fruchtbare Kommunikation umwandeln. Wir alle können einen Beitrag leisten, unsere Stimme laut werden lassen und somit auch der Politik zeigen, dass es ein gesellschaftlich relevantes Thema ist und wir die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen werden, wenn sie ihrer Verantwortung weiterhin nicht nachkommen. Ganz einfach: Weil es uns nicht egal ist. 


Tabea Schünemann

WARUM POLITIK?

WARUM POLITIK?

Warum Politik?

von Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

Selbstverpflichtung zum politischen Engagement

Die verschiedenen Punkte im Vertrag mit dir selbst unserer Initiative Klimagerecht Leben stellen für unterschiedliche Menschen unterschiedlich hohe Hürden dar. Die eine lebt bereits CO2-ärmer, kann aber das üppige Konsumieren noch nicht lassen. Ein anderer tut sich mit dem klimagerechten Spenden schwer. Anderen liegt die überzeugende Kommunikation nicht.

Ein Punkt im Vertrag scheint für manche eine besondere Schwierigkeit zu sein:
Die Selbstverpflichtung zum politischen Engagement. Das scheint dem einen oder der anderen auf den ersten Blick nicht logisch oder notwendig. Gerade in Zeiten von Politikverdrossenheit mag es vielleicht der Aspekt des Vertrages sein, bei dem sich manche überfordert fühlen.

Allerdings ist eine Intention und der Effekt dieses Punktes, langfristig ein Gefühl von Überforderung Einzelner in ihrer Lebensgestaltung zu vermeiden oder wenigstens zu verringern, indem die politischen Verantwortungsträger*innen Rahmenbedingungen schaffen, die ein klimagerechtes Leben erleichtern. 

Ohne politisches Engagement würden wir uns zurecht den Vorwurf einhandeln, den Klimaschutz zu privatisieren. Das wollen wir auf keinen Fall! Wir bilden uns ja nicht ein, mit klimagerechtem Leben die Krise abwenden zu können. Es wäre eine maßlose Überforderung, als Einzelne die Welt retten zu müssen. Das kann nur entschlossenes, politisches Handeln. 

Klimagerechtes Leben wird uns im aktuellen System schwer gemacht. Noch stoßen wir dabei immer wieder an unsere Grenzen, da der nötige gesellschaftliche und politische Rahmen dafür fehlt. 

Es nützt uns wenig, wenn wir nicht mehr Auto fahren möchten, aber der ÖPNV so schlecht ausgebaut oder so teuer ist, dass er auch beim besten Willen keine Alternative darstellt. Es ist schädlich und unfair, wenn vegane Ernährung wesentlich teurer ist als das Billigfleisch aus der Massentierhaltung, wenn die Bahnreise ein Vielfaches der Flugreise kostet.

Und ja, es ist unfair und anstrengend, dass es diese Rahmenbedingungen noch nicht gibt und wir als Individuen sie deswegen bei den Verantwortlichen einfordern müssen, aber nur so ist Veränderung möglich. 

Wir müssen uns auch klarmachen:
Selbst bei konsequentester klimagerechter Lebensführung können wir unseren CO2-Fußabdruck nur auf etwa die Hälfte des deutschen Durchschnitts drücken.
Doch das reicht nicht! Der Rest ist systemisch bedingt und entzieht sich unserem direkten Einfluss. Daher könnten wir dem Klima nicht gerecht werden, wenn wir die Politik außen vorlassen würden! Der Druck auf die politischen Entscheidungsträger*innen muss aufrechterhalten werden, nicht zuletzt, um der fossilen Lobby etwas entgegenzusetzen.
Es ist Teil des klimagerechten Lebens, die politische Ebene ebenso zur Verantwortung zu rufen wie uns selbst.
Von politischer Seite muss klimagerechtes Leben gefördert werden, aber zum diesem Leben gehört auch, dies durch verschiedene Formen politischen Engagements einzufordern und mitzugestalten. Und deswegen: Das Eine tun und das Andere nicht lassen!

Und wir sind nicht machtlos! Wir leben in einer Demokratie, wir können (zum Glück) entscheiden, wer für uns entscheidet. Wir können klimagerechte Entscheidungen einfordern, das ist unser Recht und damit auch unsere Pflicht. Und unser Privileg!

Wir wissen ja: Unsre einzelne Konsumentscheidung ist noch nicht weltverändernd, die Summe aller Entscheidungen allerdings schon. Das Gleiche gilt für politisches Engagement. Der einzelne Wahlzettel bewirkt keine Politikveränderung, die Summe der Wähler*innenstimmen aber machen den Unterschied. Und jede*r Einzelne ist dazu aufgerufen, seinen*ihren Beitrag dazu zu leisten. Deswegen gehört der eigene politische Verantwortungsbereich genauso zur klimagerechten Lebensgestaltung wie die Konsumentscheidungen. 

Hätte ein junges Mädchen sich nicht jeden Freitag mit einem Schild auf die Straße gesetzt, „weil es ja eh nichts bringt“, hätten wir heute nicht die weltweite Protestbewegung von Fridays for future, die wiederum unsere Regierungen unter Druck setzen und zum Nachdenken bringen. Der Schneeballeffekt der eigenen Lebensgestaltung gilt also genauso für unser politisches Engagement. 

 

„…I want you to act!”

Greta Thunberg

Politisches Engagement kann ganz unterschiedliche und kreative Formen annehmen.
Es gibt vielfältige Möglichkeiten der politischen Partizipation und des Engagements. Dafür muss man keiner Partei beitreten oder sich von Autobahnbrücken abseilen.
Wie beim individuellen klimagerechten Leben gilt: Man kann mit dem beginnen, was einem liegt und sich Stück für Stück weiter herausfordern lassen. Nicht alles gleichzeitig, aber auch nicht nichts.
Den Klimaschutz in die eigene Wahlentscheidung mit einfließen zu lassen, ist schonmal ein Anfang.
Demonstrationen und Petitionen sind weitere Möglichkeiten der politischen Teilhabe.
Auf lokaler Ebene suchen Bürgerinitiativen und Klimaschutzvereine engagierte Mitarbeiter*innen (übrigens auch die Initiative Klimagerecht Leben.
Mit Briefen oder Mails können wir unsere Abgeordneten kontaktieren, herausfordern und unsere Anliegen immer wieder vorbringen. Berührungsängste oder übertriebener Amts-Respekt ist da ganz unangebracht: Politiker*innen sind auch nur Menschen! 

u. v. a. m. 

Und wenn man möchte, kann man doch einer Partei beitreten, oder sich von Autobahnbrücken abseilen 😊. 

Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

„In einer Welt, die nicht nachhaltig ist, ist es ein Privileg nachhaltig leben zu können. Der Zug ist oft viel teurer als der Flug, das Biolebensmittel teurer als das andere und so weiter. Wer die Möglichkeiten hat, sich nachhaltig zu verhalten, den würde ich immer dazu ermutigen. Nicht nur für die Welt, viel mehr für sich selbst. Die Art, wie wir unser Leben führen, kann dafür sorgen, dass wir besser mit dem Zustand der Welt klarkommen. Es reduziert die Dissonanzen im Leben und es kostet meiner Erfahrung nach weniger Kraft, sich nicht ewig gegen die eigenen Werte zu entscheiden. 

Aber die großen Hebel liegen nicht da, wo wir für uns allein entscheiden: Ich esse jetzt Tofu. Die großen Hebel liegen dort, wo wir uns organisieren, strategisch Druck ausüben und Wandel initiieren. Und da werden alle gebraucht, die mitmachen können.“

Luisa Neubauer

Von Kleinen und großen Baustellen

Von Kleinen und großen Baustellen

Von kleinen und großen Baustellen

von Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

Es ist zum Verzweifeln!

Egal wo ich mich bemühe, ökologisch korrekte Entscheidungen zu treffen, werden mir Steine in den Weg gelegt. Fast immer ist die ökologische Alternative die teurere. Fast immer fühle ich mich hilflos und allein gelassen bei der Wahl zwischen verschiedenen Produkten. Fast immer verfange ich mich in einem undurchdringlichen Wust aus Labels, Siegeln und widersprüchlichen Empfehlungen.

Was ist denn nun besser? Die Bio-Tomate, plastikverpackt aus dem wasserarmen Spanien, oder die deutsche, unverpackte non-Bio-Tomate? Die Vegan-Butter aus Kokos- oder aus Palmöl? Die Glas-Pfandflasche oder die Plastik-Recycling-Flasche?

Antwort: Keine Ahnung!

Solche und ähnliche Fragestellungen können entmutigen und frustrieren, und manch eine*r denkt sich dann vielleicht, dass es zwecklos sei mit dem klimagerechten Leben.

Aber nein, es ist vielleicht doch noch nicht zum Verzweifeln:

Es ist absolut gut und richtig, sich in allen Fragen des täglichen Lebens nach bestem Wissen und Gewissen um die korrekte Entscheidung zu bemühen, auch wenn das nicht immer gelingen wird. Aber es hilft bestimmt, wenn man sich klar wird, dass es bei den oben gestellten Fragen um die kleineren Baustellen geht. 

Das soll diese Fragen nicht abwerten oder kleinreden. Gerade im Netzwerk unserer Initiative können wir uns da gegenseitig unterstützen und inspirieren, mit Informationsaustausch, Ideen, Tipps etc.

Aber die wirklich großen Baustellen, die bedeutendsten Stellschrauben, mit denen wir am meisten bewirken können, sind andere, nämlich:

CO2-Reduktion an den entscheidenden Stellen: Durch Fahrrad und Öffis statt Auto, Bahn statt Flugzeug, durch vegetarische/vegane Ernährung, generelle Sparsamkeit und durch die Vermeidung von jeglicher Verschwendung können wir viel erreichen.

Konsumverzicht: Unser „sonstiger“ Konsum hat immer noch den größten Anteil an unserem ökologischen Fußabdruck. Weniger „Kram“ bedeutet weniger CO2 für die Atmosphäre – und auch mehr Zeit für uns!

Fairness beim unvermeidlichen Konsum: Besonders bei Kleidung, Lebensmitteln und Elektronik sollte auf Fair Trade geachtet werden.

Politisches Engagement: Der Druck der Zivilgesellschaft auf die Politik muss hoch bleiben. Die wesentlichen Strukturveränderungen, die nötig sind, um klimagerechtes Leben zur Normalität werden zu lassen (und uns dann die vielen unlösbaren Einzelentscheidung abzunehmen), müssen politisch und gesellschaftlich erkämpft werden. 

Klimagerechtes Spenden: Im Sinne des Gerechtigkeitsgedankens hat besonders das Spenden, das Teilen von Reichtum mit jenen, die besonders von der Klimakatastrophe betroffen sind, die unmittelbarste und oft lebensrettende Wirkung.

Wir können wirksam sein! Beginnen wir mit den größeren Baustellen!

Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

Konsequent Klimagerecht

Konsequent Klimagerecht

Konsequent Klimagerecht

von Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker

Der selbstgestellte Anspruch unserer Initiative für ein konsequent klimagerechtes Leben wirft Fragen auf, Fragen, die wir auch intern immer wieder durchdiskutiert haben

Konsequent klimagerecht, geht das denn überhaupt? Wie konsequent, wo ziehe ich die Grenze? Kann ich denn überhaupt immer die „richtige“ Entscheidung treffen? Wenn ich mich gegen die Plastikverpackung entscheide, nehme ich dann längere Transportwege in Kauf und verschlechtere meine Klimabilanz? Was ist besser, Palmöl oder Kokosöl? Unter welchen Anbaubedingungen? Und wie konsequent muss ich z. B. sein beim Auto, beim Fleisch, beim Konsum?

Wie schaffe ich es, nicht unter einem Perfektionsdruck zusammenzubrechen und
wie gehe ich mit meinem möglichen Scheitern um?

Offensichtlich braucht Konsequenz eine Erklärung:

Das Wichtigste zuerst: 

Wir laden ein, sich auf ein klimagerechtes Leben einzulassen und es möglichst konsequent umzusetzen. Jede und jeder entscheidet selbst nach bestem Wissen und Gewissen, wie die Umsetzung im Detail aussehen wird. Wir kontrollieren nichts, wir sind keine Klima-Stasi und wollen auch keine sein!

Dennoch – wir wollen den Begriff „Klimagerechtigkeit“ ernst und wörtlich nehmen und daher anspruchsvoll an die Sache herangehen. Wie mal eine Diskussionsteilnehmerin treffend bemerkte: „Das ist dann ja endlich mal mehr, als nur ne Plastiktüte einzusparen“. Die eingesparte Plastiktüte reicht uns (und dem Planeten!) nicht!

Vollkommene Konsequenz wird aber immer eine Unmöglichkeit bleiben, vor allem aus zwei Gründen:

Wir leben leider immer noch in einer (Konsum-)Welt, in der uns das klimagerechte Leben schwer gemacht wird, in der Werbung, Preise und gesellschaftlicher Druck das ökologisch korrekte Leben eher verhindern als bestärken, und in der es unmöglich ist, in der Unübersichtlichkeit der Strukturen, Produktionsprozesse, Handelswege und Lieferketten immer die richtige Entscheidung zu treffen.

Und selbst bei optimaler Lebensführung kann man seinen CO2-Fußabdruck auf etwa 5 bis 5,5 Tonnen jährlich reduzieren. Das ist etwa die Hälfte des deutschen Durchschnitts, aber es ist immer noch viel zu viel. Der Rest ist strukturbedingt und entzieht sich unserem direkten Einfluss. 

Deshalb ist politisches Engagement (Teil 4 des Vertrags mit Dir selbst) für ein klimagerechtes Leben so wichtig. Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen müssen so geändert werden, dass klimagerechtes Leben nicht mehr aus lauter komplizierten Einzelentscheidungen besteht, sondern zur Normalität wird. Und diese Veränderungen wollen wir einfordern und – wenn es auch manchmal mühsam ist – vorleben.

Das Mühsame gehört dann ehrlicherweise zum klimagerechten Leben dazu, genauso wie das Wissen um die eigene Unvollkommenheit, das Wissen, dass man dem höchsten Anspruch nie gerecht werden kann.

Dies kann man aber mit Gelassenheit ertragen, wenn man Freude am Engagement empfindet und Wirksamkeit spürt.

Konsequent klimagerecht bedeutet (für mich), persönliche Bedürfnisse dem Gerechtigkeitsgedanken unterzuordnen. Dem zugrunde liegt die schlichte Wahrheit, dass unser (westlicher) Wohlstand auf der Verbrennung von Kohlenstoff basiert und dass darunter am meisten jene leiden, die am wenigsten zur Klimakatastrophe beigetragen haben: Die Menschen in ärmeren Ländern des globalen Südens und die kommenden Generationen. Ihnen gegenüber stehen wir in der Pflicht.

Konsequenz, so wie ich sie verstehe, bedeutet also nicht eine Perfektion, die unerreichbar ist, sondern eine Verinnerlichung des Gerechtigkeits-Gedankens, und dies in allen Aspekten des täglichen Lebens.

Es geht also vielmehr um eine Grundhaltung: nicht perfektionistisch, aber anspruchsvoll, nicht verurteilend, sondern ermutigend, nicht unrealistisch, aber hoffnungsvoll. Es gilt, die eigenen Ausreden und Bequemlichkeiten selbstkritisch zu hinterfragen und dem größeren Gedanken der Gerechtigkeit unterzuordnen, auch wenn das nicht immer perfekt gelingt oder nicht immer gemütlich ist.

Denn nur, wer selbst in diesem Sinne konsequent lebt, ist auch eine Inspirationsquelle für andere. Das erleben wir immer wieder und das macht Mut.

 

Fragenstellungen, die vielleicht helfen:

  • Wird ein (Klima-)schädliches Verhalten dadurch gut, dass man es seltener macht?
  • Sind kleine Verbesserungsschritte angemessen angesichts einer sich immer schneller verschärfenden Katastrophe?
  • Wie verhält sich mein „Gewinn“ (Lustgewinn beim Steak-Verzehr, Bequemlichkeit einer Flugreise etc.) zum angerichteten Schaden für andere?
  • An welchen Stellen kann ich die größte Wirkung erzielen? (siehe: Von kleinen und großen Baustellen)
  • Wie viel Freude vermittelt die Entscheidung für ein klimagerechtes Leben?

 

Tabea Schünemann und Roland Vossebrecker