nur 2 %

nur 2 %

Nur 2 %

von Roland Vossebrecker

„Aber China! 

Deutschland verursacht nur knapp 2 % der globalen Treibhausgas-Emissionen…“

So oder so ähnlich lautet eines der beliebtesten Argumente gegen die deutsche Verantwortung in der Klimakrise.

Hm, sehen wir für einen Moment mal davon ab, dass hier die historische Verantwortung einfach ausgeblendet wird (diese eingerechnet wäre es schon etwa doppelt so viel bei nur etwa gut einem Prozent der Weltbevölkerung!) und rechnen wir mal nach:

Deutschland hat gut 84 Millionen Einwohner*innen, China hat über 1400 Millionen. China verursacht ca. 30 % der globalen CO2-Emissionen. Jetzt unterteilen wir gedanklich China einmal in 16 gleichmäßig bevölkerte Provinzen. Jede von ihnen hat – ca. 84 Millionen Einwohner*innen. Und jede verursacht etwa – knapp 2 %.

Und alle 16 Provinzgouverneure stimmen gemeinsam mit den Deutschen den Chor an:

„Aber Indien!

…“

Roland Vossebrecker

 

 

GLOBAL SOLIDARISCH

GLOBAL SOLIDARISCH

GLOBAL SOLIDARISCH?

von Roland Vossebrecker

Machen wir uns nichts vor: Die Entwicklung der Klimakrise wird uns einiges abverlangen. Heftige und schmerzhafte Veränderungen kommen auf die Menschheit zu. Die Katastrophe kommt, – wir wissen nur noch nicht, wie schlimm sie wird.

Der notwendige, ja überfällige politisch-gesellschaftliche Umbau wird extrem anspruchsvoll, und es ist mehr als fraglich, ob er (rechtzeitig) gelingen wird. Harte politische Auseinandersetzungen müssen geführt werden und je mehr Rechte und Rechtsextreme den Kampf gegen den Klimaschutz als Kulturkampf inszenieren und die gesellschaftliche Spaltung vorantreiben, desto heftiger werden diese Auseinandersetzungen ausfallen.

Vor allem aber werden die sich häufenden Katastrophen immer neue Herausforderungen darstellen. Hitzewellen (nach einer Studie des Barcelona Institute for Global Healthgab es 2022mehr als 60.000 hitzebedingte Todesfälle in der EU), Dürren und Wassermangel, Stürme und Starkregenereignisse und die aus alledem resultierende Nahrungsmittelknappheit und Verteuerung werden zu einer andauernden Belastungsprobe.

Klimaanpassungen werden immer wichtiger, wobei diese, das sollte uns immer bewusst sein, ein Luxus reicher Länder sind! Arme Länder des Globalen Südens besitzen kaum die finanziellen und strukturellen Ressourcen, um angemessen auf die Katastrophen reagieren zu können, von denen sie immer öfter und schlimmer getroffen werden.

Es stellen sich entscheidende Fragen: Wie weit werden wir in der Lage sein, die Erderhitzung zu begrenzen? Werden wir die Veränderungen nur erleiden, oder werden wir sie gestalten? Vor allem aber: Bleiben wir solidarisch? Oder ehrlicher: Werden wir solidarisch?

Mit der internationalen Solidarität ist es nicht gut bestellt. Zwar wurde bei der COP 27 in Ägypten im letzten Jahr die Einrichtung eines Fonds für besonders betroffene Länder vereinbart, aber es bleibt bislang unklar, wer wieviel einzahlen wird. Versprechungen aus der Vergangenheit wurden regelmäßig nicht erfüllt. Und einer neuen Studie zufolge betragen die Klima-Schulden der reichen Industrienationen bei den ärmeren Ländern 170 Billionen Dollar!

klimareporter

Auf politischer Ebene wehren sich die Industrienationen mit Händen und Füßen, gerechte Verpflichtungen gegenüber dem Globalen Süden einzugehen. Weltweit propagieren Rechte den nationalen Egoismus. Der damit einhergehende Verlust von Menschlichkeit ist verheerend.

Wie wird sich die Situation entwickeln, wenn es bei eskalierender Klimaentwicklung zu Verteilungskämpfen um Wasser und Nahrung kommt, wenn die auftretenden Schäden nicht mehr zu bewältigen sind, wenn Abermillionen Menschen zur Flucht gezwungen sind, weil ihre Heimaten überschwemmt, verwüstet oder lebensfeindlich werden?

Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber fordert seit Jahren einen Klimapass für Klimaflüchtlinge, um Betroffenen eine rechtliche Grundlage für ihren Asylantrag zu geben, aber von einer politischen Umsetzungen sind wir leider noch meilenweit entfernt. Stattdessen wird EU-weit das Asylrecht immer weiter ausgehöhlt. Dabei schreckt man nicht vor milliardenschweren Abkommen mit Diktatoren zurück, die Geflüchtete in der Sahara aussetzen und sie dort ihrem Schicksal überlassen, während aktuell in der CDU bereits die Abschaffung des individuellen Asylrechtes und die Anwendung physischer Gewalt gegen Geflüchtete diskutiert wird. Das sind maximal unsolidarische Entwicklungen, die die Klimakatastrophe als Asylgrund in weite Ferne rückt.

Wir alle, gesellschaftlich, politisch und individuell müssen uns fragen: Entscheiden wir uns für Egoismus oder für Mitgefühl? Am Ende ist dies die Kernfrage, die über die Zukunft der Menschheit entscheiden wird.

 

Zum Konzept unserer Initiative und des „Vertrags mit Dir selbst“ gehört das klimagerechte Spenden, das solidarische Reichtum-Teilen mit den Opfern der Klimakatastrophe.

Alle Spenden an die Opfer der Klimakatastrophen sind Beiträge zu etwas mehr Klimagerechtigkeit, auch wenn sie nur Tropfen auf einen immer heißer werdenden Stein sind.

Sie sind aber auch eine Übung praktizierter Solidarität.

Roland Vossebrecker

 

„Klimagerechtigkeit setzt voraus, die Verantwortung der Menschheit für die Auswirkungen von Treibhausgasemissionen auf die ärmsten und verletzlichsten Menschen in der Gesellschaft anzuerkennen und ernst zu nehmen.“

Mattias Quent, Christoph Richter, Axel Salheiser, Klima Rassismus S 240

 

EMPÖRUNG

EMPÖRUNG

EMPÖRUNG

von Roland Vossebrecker

„Wir leben in einem Zeitalter des ‚Empörialismus‘“

Michael Schmidt-Salomon

 

Empörend ist vieles in der Politik, der Berichterstattung, der Debatte rund ums Klimathema:

  • Wie kann es sein, dass man zur 28. Weltklimakonferenz mit Sultan Ahmed Al Jaber einen CEO der weltweit zwölftgrößten Ölgesellschaft zum Vorsitzenden ernennt? Das ist, als würde man Al Capone zum Präsidenten einer Konferenz gegen das organisierte Verbrechen ernennen.
  • Wieso werden Klimaaktivist*innen beleidigt und als Terrorist*innen diffamiert, während die wahren Klimaverbrecher ungestraft weiter das Klima ruinieren und ihre Lügen verbreiten dürfen?
  • Wiese darf die Bundesregierung, insbesondere das Verkehrs- und das Bauministerium, die eigenen Gesetze missachten und sich weigern, Sofortprogramme vorzulegen, um die selbstgesteckten Ziele einzuhalten?
  • Wie unfassbar ungerecht ist es, dass Reiche und Superreiche mit ihrem maßlosen Lebensstil die Zukunft aller in Gefahr bringen, und wie dreist, verlogen und eben empörend sind ihre Rechtfertigungen dafür! klimareporter

Um nur einige Beispiele zu nennen, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

In diesen und in vielen anderen Fällen ist Empörung berechtigt, ja zwingend, -wenn sie denn richtig genutzt wird! Denn Empörung ist eine zweischneidige Angelegenheit. Sie stellt sich oft reflexhaft ein und kreist gerne um sich selbst.

„Blasenentzündung“

Deutlich wird das besonders in sozialen Netzwerken. Dort kann man seiner Empörung freien Lauf lassen, sich die Empörung von der Seele schimpfen, und erntet dort in der eigenen Bubble/Blase schnell viel Zustimmung. Geteilte Empörung ist doppelte Freude! Allerdings erreicht man damit nicht viel mehr als eine „Blasenentzündung“, und die sollte man nicht mit Aktivismus verwechseln.

Denn die, über die man sich dort empört, bekommen in der Regel von alledem gar nichts mit. Zielführender ist es, die berechtigte Empörung zu kanalisieren und richtig zu adressieren. So ist es ja ein Leichtes, z. B. Politiker*innen per Mail mitzuteilen, wie empörend man die eine oder andere Äußerung oder Entscheidung findet. Nicht, dass daraufhin z. B. ein Hubert Aiwanger oder Friedrich Merz ihre Meinung ändern und zu engagierten Klimaschützern mutieren würden. Aber wir haben das Recht auf freier Meinungsäußerung und sollten dieses auch nutzen, und sei es nur, um den gegenwärtigen Trends verlogener und egoistischer Narrative etwas entgegenzusetzen. Es wäre schon sehr wertvoll, wenn Politiker*innen für Empörendes deutlich einen gesellschaftlichen Gegenwind verspüren würden.

Vom Reflex zur Reflektion

Die Empörung hält aber noch einen anderen Fallstrick parat. Denn man empört sich naturgemäß immer über die anderen. Die sind ja bekanntlich immer schuld. Dabei bleibt eine selbstkritische Reflektion gerne mal auf der Strecke. Zwei Beispiele:

Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Sabhar, Bangladesch am 24. April 2013 mit 1135 Toten hatte weltweite Empörung ausgelöst, über die Baumängel, die sklavenartigen Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen, über die gewissenlose Fast-Fashion-Industrie. All das ist mehr als berechtigt – wenn sich eine Reflektion über den eigenen Kleiderschrank und ein geändertes Konsumverhalten anschließt. Denn die Frage muss man sich gefallen lassen: Inwiefern unterstützen wir als Konsument*innen eben genau diese Missstände?

Einer Studie von Oxfam zufolge verantwortet das reichste 1 % der Weltbevölkerung etwa doppelt so viele CO2-Emmissionen wie die ärmere Hälfte. Der Reflex auf diese Tatsache ist maximale Empörung, und das vollkommen berechtigt – wenn man sich überlegt, ob man selbst nicht vielleicht zu den reichsten 10 % der Weltbevölkerung gehört! Deren CO2-Anteil ist nämlich etwa so groß wie jener der restlichen 90 %. Was also ist mein eigener Anteil, und ist er global gerecht? Und bin ich bereit, daran etwas zu ändern, um zu mehr Gerechtigkeit beizutragen?

 

Konstruktive Empörung braucht also zweierlei:

Selbstkritik. Die größten und unmittelbarsten Veränderungen können wir bei uns selbst bewirken. Mit einer selbstkritischer Haltung dürfen, ja müssen wir uns empören über jede Form der Ungerechtigkeit sein und daraus die Kraft gewinnen, aktiv zu werden.

Zielgerichteter Aktivismus, ohne den man sich in fruchtlose Debatten verliert, in ein Stammtischlern über „die da oben“ und ins „man müsste mal“, vor allem aber in „die anderen müssten mal“.

 

Wer es aushält, mag sich mal dieses Video anschauen, aber ich warne: Es ist wirklich schwer erträglich.

youtube

Mein Kommentar dazu:

Empörend? Ja, maximal verstörend und empörend!

Aber Empörung allein bringt nichts. So bleibt man nur in der Haltung, dass man selbst nichts tun müsse. Sollen erst mal die Reichen anfangen. WAS SIE NICHT TUN WERDEN!

Ich hätte mir gewünscht, dass das Video mit einem Appell endet, einem eindringlichen Appell an uns ALLE:

Lasst und verantwortungsvoll leben. Lasst uns unsere CO2-Emissionen reduzieren, WO IMMER WIR KÖNNEN. Lasst uns unsren Konsum reduzieren, WO IMMER WIR KÖNNEN. Beteiligen wir uns nicht mehr an Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Teilen wir unseren Reichtum, mit jenen, die am schlimmsten von der Klimakatastrophe betroffen sind.

Und werden wir laut, aktiv, politisch engagiert!

Gestalten wir eine klimaGerechte Gesellschaft, INDEM WIR SIE VORLEBEN! Erst dann werden SUVs, Kreuzfahrten, Privatjets etc. keine Statussymbole mehr sein, sondern verachtenswerte, verantwortungslose Peinlichkeiten.

Roland Vossebrecker

 

Aktiv in der Initiative KlimaGerecht Leben

Aktiv in der Initiative KlimaGerecht Leben

Aktiv in der Initiative KlimaGerecht Leben – eine Einladung zur Mitarbeit 

von Roland Vossebrecker

Unserer Gründung im Sommer 2022 ging eine intensive halbjährige Planungsphase voraus. Nachdem wir dann am 18. Juni 2022, dem Tag der offenen Gesellschaft, unsere Initiative mit einem großen Fest aus der Taufe gehoben hatten, war uns selbst erst einmal gar nicht klar, wie und mit welchen Aktivitäten und Aktionen es weitergehen würde. Aber es ging weiter, – und wie:

IkgL auf Instagram

Nach und nach hat sich unsere Arbeitsweise entwickelt. Dabei ist zu betonen, dass wir kein Verein sind. Es gibt bei uns also auch keine Vereinsmeierei und keine Bürokratie. Es gibt keine Mitgliedsbeiträge und wir nehmen auch keine Spenden an (werben allerdings für klimagerechte Spenden für Hilfsorganisationen!). Alle finanziellen Notwendigkeiten tragen jene von uns solidarisch, die es sich leisten können.

Schon seit Frühjahr 2022 nutzen wir die Arbeitsplattform Slack. Das ermöglicht uns den schnellen Austausch zu unterschiedlichen Themen. Dort teilen wir lohnende Klima-Artikel und Petitionen, planen die nächste Aktion, tauschen Ideen für die Newsletter oder den Blog aus und organisieren unsere nächsten Termine. Aktive sollten Slack regelmäßig lesen und Relevantes zeitnah beantworten.

Etwa einmal monatlich finden unsere Orga-Treffen statt. Die Tagesordnungen werden vorher auf Slack geteilt. Zu besprechende Themen können dort von allen vorgeschlagen und eingebracht werden. Selten können an den Orga-Treffen wirklich alle teilnehmen, aber das ist auch nicht schlimm. Die Ergebnisse der Treffen werden als knappe Protokolle festgehalten. Meist treffen wir uns online oder hybrid, nur sehr selten analog, da unsere Aktivist*innen aus unterschiedlichen Städten (Bergisch Gladbach, Heidelberg, Köln, hoffentlich bald weitere…) kommen und unsere Themen nicht primär lokal gebunden sind: Klimagerechtigkeit geht überall!

Die Artikel in unserem Blog sind in der Regel das Ergebnis eines intensiven Austausches untereinander. Jemand schreibt einen Entwurf, dieser wird korrigiert, ergänzt, kritisiert, diskutiert und durchläuft so meist mehrere Versionen, bis es zum endgültigen Ergebnis kommt. Das optimiert die Texte und sorgt gleichzeitig für spannende Diskussionen. Wir lernen alle voneinander.

Oft sind unsere öffentlichen Aktionen spontane Projekte. Ideen und Impulse können von allen eingebracht werden. Als bei einem Orga-Treffen die Tagesordnung wegen großen Redebedarfs über die Klimakrise und die Politik kaum zu bewältigen war, entstand spontan die Idee, Organisation und Austausch zu trennen, und Zweiteres dann auch gleich öffentlich zu machen. Damit war unser Offener Klimatalk geboren, der monatlich in Bergisch Gladbach und seit Juni 2023 auch in Heidelberg stattfindet. Nachahmung dringend erwünscht! 

Bei einem Klimatalk Ende Januar kam die Idee auf, den Globalen Klimastreik wieder nach Bergisch Gladbach zu bringen. Gesagt – getan, und dies auch schon zweimal recht erfolgreich. Oft hat jemand eine Idee, ein Stand auf dem Markt, eine Flyeraktion oder eine Kerzeninstallation zur Earth Hour. Dann wird schnell gefragt „Wer ist dabei?“, und wenn sich zwei, drei Leute finden, wird die Idee umgesetzt. Die Kreativität und der Einfallsreichtum unserer Aktivist*innen ist sehr erwünscht. Spontanität beflügelt und alle Aktionen und Ideen, die dem Ziel der KlimaGerechtigkeit dienen, sind willkommen.

Jede*r kann sich nach eigenen Interessen und Fähigkeiten einbringen und eigene Schwerpunkte setzen, ohne in allen Bereichen aktiv sein zu müssen. Es ist aber auch deutlich, dass unsere Aktivismus-Kapazitäten und Freiräume für Klima-Engagement sehr unterschiedlich sind. Manche von uns haben wegen beruflicher oder studentischer Verpflichtungen wenig Spielraum, und das ist genauso in Ordnung wie verständlich. Deshalb gilt bei uns: Jede*r nach ihren/seinen Möglichkeiten.  wer wir sind

So können wir weitere engagierte Aktive gut gebrauchen. 

Dir liegen das Klimathema und die Gerechtigkeit am Herzen? Du willst Dich engagieren? Du möchtest Dich einbringen? Dann melde Dich gerne bei uns: initiative@klimagerecht-leben.de 

Und falls Du schon in einer anderen Klima-Organisation aktiv bist: Kooperation ist Alles! Wir sind sehr interessiert an Vernetzung und Zusammenarbeit, denn nur gemeinsam sind wir stark!


Roland Vossebrecker

KLIMAKOMMUNIKATION

KLIMAKOMMUNIKATION

Let`s talk about climate change!

aber wie?

von Tabea Schünemann

Ja, die Klimakrise ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit und es gibt immer mehr Menschen, denen das bewusst ist. Es ist auch klar, dass wir als Gesellschaft darüber eigentlich viel mehr miteinander reden sollten! 

Denn:

“Wer etwas gegen den Klimawandel tun möchte, der könnte ganz einfach öfter mit Freunden oder Familienmitgliedern über das Thema reden”

Doch wer schon einmal eine frustrierende Erfahrung damit gemacht hat, weiß: Das ist gar nicht so einfach, oft super anstrengend und bringt gefühlt nichts! Also: lieber lassen? Man will ja auch nicht die nervige Veganerin sein, die allen die Grillparty versaut mit ihrem Maiskolben, ihrer moralischen Arroganz und den bad news vom Weltuntergang. Will ich auch nicht.

Aber: Wenn wir wollen, dass das Klimathema immer mehr ins Zentrum der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit rückt, müssen wir es dahin bringen, indem wir darüber reden. Nur vielleicht anders als bisher? Die gute Nachricht ist: (Klima-)Kommunikation lässt sich lernen!

Darüber haben sich schon viele schlaue Menschen Gedanken gemacht und deswegen ist dieser Artikel vor allem eine Einladung, sich mit dem Thema weiter zu beschäftigen. Meine persönliche Empfehlung ist das Handbuch von klimafakten.de, das es auch als reader oder podcast gibt.

Dort geht es zunächst einmal darum, sich klarzumachen, was bisher schief gelaufen ist und was die Hindernisse sind, denen wir begegnen, um daraus Strategien für gute Kommunikation zu entwickeln. Ich habe euch meine bisher wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst:

 

Erkenntnis Nr. 1: Mehr Wissen führt nicht automatisch zu einer Verhaltensänderung

Wir wissen ja schon lange vom Klimawandel und was man dagegen tun müsste. Trotzdem ist eine grundlegende Verhaltensänderung nicht zu beobachten. Lange wurde aber in der Kommunikation allein auf die Wissensvermittlung gesetzt. Sie ist auch nach wie vor sehr wichtig, keine Frage, besonders in Zeiten von fake news und bewussten Strategien des Klimawandelleugnens.

Aber wir Menschen brauchen scheinbar mehr als Zahlen und Fakten, um in die Reflexion und Änderung unseres Lebens zu kommen. Dabei geht es um Gefühle, Werte, aber auch den sozialen Kontext und deren Normen, die es zu beachten gilt.

 

Erkenntnis Nr. 2: Es gibt eine ganze Reihe psychologischer Hindernisse, die eine Verhaltensänderung erschweren

Dazu gehört, dass sich Menschen noch in emotionaler Distanz zur Krise befinden, sei es zeitlich („ein Problem für die Zukunft“), räumlich („Klimawandel findet woanders statt“) und sozial („meine Liebsten und ich sind nicht betroffen“). Außerdem bewerten Menschen einen gegenwärtigen scheinbaren Verlust schwerer als einen möglichen zukünftigen Gewinn. Bei der Klimakrise gilt aber beides: Wir müssen jetzt etwas ändern (und haben dabei Verlustängste), damit es uns scheinbar erst in der Zukunft besser geht.

 

Erkenntnis Nr. 3: Es gibt Gegenstrategien für diese Hindernisse, die sich lernen lassen

  • So kommt es bei guter (Klima-)Kommunikation darauf an, den Hintergrund und die Werte des Gegenübers zu kennen und sich auf das jeweilige Publikum einzustellen. Wer redet mit wem? Gibt es gemeinsame Werte, auf die ich aufbauen kann?
  • Es braucht eine Vielfalt an Klimakommunikator*innen, zu denen möglichst viele und jeweils verschiedene gesellschaftliche Gruppen Vertrauen haben. Emotionen, das Aufzeigen der eigenen Verletzlichkeit sowie Zuhören und Zugewandtheit können dies stärken.
  • Die richtigen Worte sind entscheidend. Die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise dürfen und sollten in aller Deutlichkeit benannt werden, jedoch nicht ohne konkrete Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
  • Beim Thema Wortwahl gilt es auch das framing, also die möglichen Assoziationen und dahinterliegenden Bedeutungen zu bedenken. So habe auch ich mir mittlerweile angewöhnt, von Klimakrise, statt Klimawandel zu sprechen, weil es die Situation als angemessen krisenhaft bewertet. Worte sind mächtig.
  • Letztlich geht es um die Geschichten, die wir uns erzählen. Wird ein Hitzesommer in Deutschland in Zusammenhang mit der Krise gebracht oder nicht? Während ich tippe, wütet ein Unwetter mit Sturmböen, Gewitter und Starkregen vor meinem Fenster. In Baden-Württemberg. Bei uns. Darum geht es: Menschen zu zeigen, dass die Klimakrise längst da ist, auch bei uns.

 

Es geht darum, diese und weitere Strategien zu lernen, um positivere Erfahrungen mit den Gesprächen über das Klimathema zu machen. Die meisten Menschen in Deutschland halten das Thema für wichtig. Das Ziel ist, einen gesellschaftlichen Trend zu setzen, der es auf Punkt eins der politischen Tagesordnungspunkte setzt.

Dabei sollte man nicht nur auf das Individuum schauen. Das Ganze bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Je akzeptierter klimagerechtes Leben gesellschaftlich ist, desto mehr Menschen werden sich anschließen.

Das ist die Vision unserer Initiative:
Einen sozialen Kipppunkt zu erreichen, nach dem klimagerechtes Leben die neue Norm ist. Denn Menschen richten sich immer nach dem sozialen Umfeld. Die Angst vor Ablehnung ist oftmals der Grund für die sogenannte „Schweigespirale“ – also, dass Menschen nicht über das Thema sprechen, obwohl es ihnen wichtig ist. Diese gilt es zu durchbrechen und dafür ist es wichtig, sich mit anderen Menschen zusammenzutun. Das Ganze ist kein Einzelkampf und leider auch kein kurzer Sprint. Aber nichts ist schöner, als Selbstwirksamkeit zu erfahren und sich mit anderen zu verbinden.

Von Seiten unserer Initiative ist aus diesem Anliegen heraus der offene Klimatalk in Heidelberg und Bergisch-Gladbach entstanden. Termine sind auf der Website, auf Instagram oder im Newsletter zu finden. Schau gerne mal vorbei oder such/gründe dir etwas Ähnliches in deiner Umgebung! Ich persönlich finde es total ermutigend, mich mit Menschen auszutauschen, die mit dem Thema auch irgendwie (und vielleicht ganz anders) auf dem Weg sind. Werbung Ende 😊

 

Wir alle sind Klimakommunikator*innen und mit dem richtigen Handwerkszeug lässt sich vielleicht der Frust und das Schweigen in lebendige, fruchtbare Kommunikation umwandeln. Wir alle können einen Beitrag leisten, unsere Stimme laut werden lassen und somit auch der Politik zeigen, dass es ein gesellschaftlich relevantes Thema ist und wir die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen werden, wenn sie ihrer Verantwortung weiterhin nicht nachkommen. Ganz einfach: Weil es uns nicht egal ist. 


Tabea Schünemann

Eins Komma Fünf

Eins Komma Fünf

Das „Klimaziel“ in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion

von Roland Vossebrecker

„In seinem neusten Bericht mahnt der der Weltklimarat eindringlich dazu, klimaschädliche Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Geschehe dies nicht, würde das Ziel, das einst im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben wurde, die Erderwärmung durch die Industrialisierung auf 1,5-Grad zu begrenzen, schon Anfang der 2030-er Jahre überschritten. Sofort, so der Weltklimarat, müsse gehandelt werden.

in „Panorama

Wer glaubt noch an 1,5° Grad? Wer glaubt noch daran, dass es der Menschheit gelingen wird, die Erderwärmung auf 1,5° Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen?

„Es ist weiterhin möglich, die 1,5 Grad in Reichweite zu halten, wenn wir in den nächsten sieben Jahren die globalen Emissionen halbieren. Die Menschheit hat das nötige Wissen, die passenden Technologien und auch die finanziellen Mittel.“

Dieses Zitat von Außenministerin Annalena Baerbock steht exemplarisch für die Politik, die in ihrer Kommunikation beharrlich am 1,5°-Ziel festhält.

Nun ist an Baerbocks Äußerung nichts grundlegend falsch. Aber wie realistisch ist es, die globalen Emissionen in sieben Jahren zu halbieren? Sie steigen immer noch, und die stetigen und immer dramatischeren Weckrufe der Wissenschaft, so z. B. der oben zitierte jüngste IPCC-Bericht, verhallen nach wie vor beinahe wirkungslos. Ein globaler Krisengipfel, der diesen Namen auch verdient und die Krise als Menschheitsbedrohung behandelt, ist nicht in Sicht.

So klingen die Bekenntnisse aller demokratischen Parteien zu 1,5° (über die AfD muss man in dem Zusammenhang nicht reden) immer hohler und inhaltsleerer. Es dürfte interessant sein, wie sich die politische Kommunikation in einigen Jahren verändern wird, wenn die 1,5° überschritten sein werden. Ob es über gegenseitige Schuldzuweisungen hinausgehen wird? Ob es ein demütiges Eingeständnis des eigenen Versagens geben wird?

 

Interessanter ist, wie die Diskussion um das 1,5° Grad-Ziel auf wissenschaftlicher Seite verläuft.

Hans Joachim Schellnhuber äußert sich eindeutig:

„Einen Klimawandel, der gravierende Auswirkungen hat, können wir nicht mehr abwenden. Wir werden vermutlich in zehn bis 15 Jahren die 1,5 Grad-Linie globaler Erwärmung überschreiten und dann darüber hinausschießen.“

Mojib Latif sagte bereits im Oktober 2018:

„Die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist praktisch ausgeschlossen.“

Heute findet er mehr „Ehrlichkeit in der Kommunikation“ wünschenswert:

„Das Festhalten an der 1,5-Grad-Marke in der öffentlichen Kommunikation kann zu Unverständnis, Angst und auch Fatalismus führen. Alles Hemmnisse für einen zielführenden Diskurs.“

Vermutlich würden nicht einmal zwei Grad geschafft.

„Nimmt man das, was die Politik weltweit derzeit macht, sind wir eher auf dem Kurs drei Grad.“

Und noch drastischer:

„Wir nähern uns dem Punkt, an dem man sich eingestehen muss: Die Zeit ist abgelaufen.“

 

Die Klimaforscher Johan Rockström und Carl-Friedrich Schleußner vertreten ein andere Position. Sie halten es für eine fatale Fehleinschätzung, das 1,5°-Ziel für tot zu erklären: „Denn 1,5 Grad sind nicht nur ein politisches Ziel. Sondern sie sind das planetare Limit.“

Sie weisen darauf hin, dass 1,5 Grad eine kritische Schwelle für die Stabilität mancher Klimakippelemente sind:

„Nur wenn wir mittelfristig die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad begrenzen, können wir das Risiko für das Überschreiten von Kipppunkten dieser kritischen Systeme noch minimieren. Und eine fatale Kaskade von Kippelementen, die sich gegenseitig verstärken, verhindern. Alles, was über ein geringfügiges und zeitlich begrenztes Überschreiten von 1,5 Grad Celsius hinausgeht, erhöht diese Risiken deutlich.“

Ihnen geht es vor allem um die Frage, welche Folgen eine Abkehr vom Pariser Ziel politisch und psychologisch haben würde

„Nun gibt es einige, auch aus dem Kreis der Klimaforschenden, die 1,5 Grad vorzeitig für tot erklären, vielleicht auch in der Hoffnung, dass dies als Weckruf zu mehr Klimaschutz führen würde. Das überzeugt nicht. Aus unserer Sicht wird ein Fallenlassen der 1,5-Grad-Grenze nicht zu mehr Klimaschutz führen. Vielmehr würden Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen dann zwei Grad als Zielmarke ausrufen. Und in der Folge würden auch die Reduktions- und „Netto null“-Emissionsziele aufgeweicht werden.“

Ein spannende Debatte! 

Wie lässt sich eine realistische Einschätzung der Lage, die leider ziemlich pessimistisch ausfallen muss, mit ausreichend viel Hoffnung begegnen, um handlungsfähig zu bleiben, um den Kampf gegen jedes Zehntel, jedes Hundertstel Grad Erderwärmung weiterzuführen?

Klar ist: Das Überschreiten der 1,5° bedeutet noch nicht das Ende. Bei 1,5° geht die Welt nicht unter und es wäre unsinnig, an diesem Punkt aufzugeben, denn 1,9° ist besser als 2°. Und auch 2,45° ist besser als 2,5°. Jedes Zehntel Grad erhöht die Wahrscheinlichkeit irreversibler Kipppunkte. Jedes bisschen mehr Erderhitzung bedeutet ein Mehr an Leid, Elend und Tod. 

 

Beim globalen Klimastreik am 3. März wurde ich von einer Journalistin gefragt, ob ich denn eigentlich noch optimistisch sei. Zuerst wusste ich nicht recht, was ich darauf antworten sollte. Nein, ich blicke nicht sehr optimistisch in die Zukunft. Meine eigentlich grundoptimistische Haltung ist mir in den letzten Jahren leider gründlich vergangen. Aber dann fand ich doch noch eine Antwort:

Der Kampf für KlimaGerechtigkeit lohnt sich auch, wenn wir ihn verlieren.

Roland Vossebrecker

 

„Doch dem Pessimismus des Verstandes sollte (…) immer der Optimismus unseres Willens gegenüberstehen: der Optimismus, eine gerechte und für zukünftige Generationen lebenswerte Welt zu schaffen. Optimismus, genauso wie Hoffnung, ist dabei nicht die Überzeugung, dass etwas unter allen Umständen gut ausgeht. Es bedeutet viel mehr, sich die Haltung und letztlich die Gewissheit zu eigen zu machen, dass solidarisches Handeln Sinn macht, egal wie die Dinge am Ende ausgehen.“

(Alexander Behr, aus Globale Solidarität, S. 14 oekom verlag, 2022)